Die ersten Bekanntschaften mit Indien waren rein dienstlich, da ich einige Jahre für eine indische Firma, mit Hauptsitz in Pune, arbeitete. Neben der Arbeit blieb allerdings nicht viel Zeit, um das Land kennenzulernen. Von Mumbai kenne ich den Flughafen noch am besten und natürlich den Highway nach Pune. Die Straßen in Pune habe ich überwiegend im Auto fahrend erlebt. Auch Coimbatore im Süden Indiens, hatte ich überwiegend im und aus dem Auto heraus und damit im "wilden" indischen Verkehr oder aber im Büro kennengelernt.
Das wollte ich ändern. Natürlich hatte ich in der Freundesgruppe doch das eine oder andere spannende Ereignis erzählen können. Und damit wohl auch Interesse geweckt. Aber erst einmal blieben das einige Jahre nur Lippenbekenntnisse, mehr nicht. Dann kam auch noch der Trubel um "Corona" hinzu und das ganze Thema geriet in Vergessenheit. Ein Freund brachte das Thema dann wieder ins Gespräch. Und dann machten wir "Nägel mit Köpfen" wie man sagt. Wir trafen uns und besprachen die möglichen Reisevarianten. Indien ist ein riesiges Land. Da muss man sich schon einschränken, wenn die Zeit begrenzt ist. Professionelle Hilfe mit Landeskenntnissen holte ich mir beim Team von India Someday. Sie machten uns verschiedene Routenvorschläge. Letztlich entschlossen wir uns, die Reise auf Nordindien zu konzentrieren.
Reiseroute in Nordindien: Thorsten Klook
Die Reiseteilnehmer, der Reisetermin und die Ziele wurden festgelegt und gebucht. Bei den Unterkünften verließ ich mich auf die Expertise und die Ortskenntnisse von India Someday. Auf meinen Dienstreisen hatte ich schon sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht. So gab es wirklich exklusive Hotels mit allem "Schnick und Schnack", den man nicht unbedingt benötigt. Aber es gab auch die Hotels, wo es auf dem Hinterhof vor Ratten wimmelte und im Bad die Ameisen das Handtuch wegtrugen, wenn man nicht schnell genug war... Das wollte ich im Urlaub nicht riskieren. Im Zweifelsfall sollte es die bessere Unterkunft sein. Die Fernflüge wurden über ein ortsansässiges Reisebüro organisiert. Dann passierte für eine lange Weile nichts.
Zum Ende des Sommers meldeten sich zwei weitere Interessenten, die nun auch entschlossen waren, sich an dem Abenteuer zu beteiligen. Dabei gab es drei Problemchen. Einer musste seinen Reisepass erneuern, die Unterkünfte mussten erneut angefragt und teilweise umgebucht werden und natürlich benötigte man auch die zusätzlichen Fernflüge. Wenn möglich, wollten wir auch in denselben Flugzeugen sitzen. Die Umbuchungen für die Unterkünfte erledigte das India Someday Team schnell und professionell. Und sogar die Fernflüge passten zusammen. Was will man mehr?
Für die Erreichbarkeit vor Ort holte ich mir eine e-SIM. So war man auch unterwegs, bis auf wenige Ausnahmen, immer gut mit dem Internet verbunden. Bevor es losging mussten wir uns ein Visum besorgen. Wir nutzten das e-Visum. Nachdem ich mich durch die Antragsseiten durchgearbeitet hatte und dann auf das "Bezahlen"-Knöpfchen drückte, ging zunächst gar nichts mehr. Der Bezahlvorgang war abgebrochen. Zum Glück hatte ich mir aber die Vorgangsnummer notiert. Also wieder zurück auf die offiziellen Seiten für den e-Visum-Antrag. Der Vorgang war immer noch offen. Der zweite Versuch über die Indische Staatsbank funktionierte. Der Bezahlvorgang wurde sauber abgeschlossen. Das hört sich hier vermutlich leichter an als dann getan. Ich hatte auf jeden Fall ein paar Stunden damit verbracht, das Passbild in das richtige Format zu bringen und die Formulare auszufüllen. Meine Erfahrungen teilte ich in der eigens eingerichteten Messenger-Gruppe.
Schon am nächsten Vormittag lag das e-Visum in meinem E-Mail-Postfach. Das hatte ich so tatsächlich nicht so schnell erwartet und war freudig überrascht.
Einen Tag vor Abflug hatte dann auch der Letzte aus unserer Reisegruppe sein e-Visum im Spam-Ordner seines E-Mail-Postfaches gefunden. Und dann konnte es losgehen. Wir hatten lediglich Koffer in Handgepäckgröße dabei, in der Hoffnung, das Gepäck nicht aufgeben zu müssen. Das klappte allerdings nicht so richtig. Wir wurden am Gate - Sicherheitskontrolle hatten wir schon erfolgreich gemeistert - herauszitiert. Das Gepäck wurde gewogen und für zu schwer befunden. Also haben wir schnell noch einen Rucksack mit den wichtigsten Dingen gepackt bzw. umgepackt. Unser Gepäck wurde ordnungsgemäß verstaut und wir bekamen es erst in Delhi wieder zurück. Von Hamburg ging es über Frankfurt/Main zunächst nach Dubai. Dort hatten wir ein paar Stunden Aufenthalt. Die Zeit bis zum Anschlussflug verbrachten wir auf dem sehenswerten Flughafen, mehr war nicht drin, obwohl das Zentrum von Dubai vom Flughafen aus relativ schnell erreicht werden kann.
Woran denkt man, wenn man sich über Indien unterhält? An die heiligen Kühe, die Götter, den lärmenden Verkehr, die 1,4 Milliarden Menschen, das Kastensystem, die Tuk Tuks, Elefanten, Affen und Tiger, Maharadschas und Paläste, Schlangenbeschwörer, an die Filme Slumdog Millionär oder The Best Exotic Marigold Hotel, Moskitos und Mückenschutz, Sonne und Sonnencreme?
Sonne und Sonnencreme? Nun, dafür hatten wir jedenfalls geplant und gepackt. Die Durchschnittstemperatur sollte etwa so um die 20°C sein, Anfang und Mitte Januar. Aber wie das so mit der Statistik ist, Theorie und Praxis liegen mitunter weit auseinander.
Delhi
Delhi war beim Landeanflug im dichten Nebel kaum zu sehen. Es war so kühl, dass wir unsere Jacken direkt wieder aus dem Gepäck holten und anzogen. Am Terminalausgang erwartete uns eine ganze Traube von Menschen, mit und ohne Schilder. Wir haben uns systematisch Schild für Schild angeschaut und gehofft, dass irgendwo unsere Namen auftauchen. Und da stand unser Fahrer! Wir stellten uns kurz vor und zu seiner Überraschung waren wir vier Personen. Er hatte mit zwei Reisenden gerechnet. Das war aber kein großes Problem. Flugs baute er den Toyota so um, dass alle einen Platz fanden und auch das Gepäck passte. Zur Begrüßung gab es zwei Marigold-Kränze zum Umbinden. Ich bin kein Botaniker und würde sagen, das sind Ringelblumen. Aber die Übersetzung sagt eigentlich Studentenblume. Einigen wir uns also auf Blumenkranz.
Dass es in Delhi zu dieser Jahreszeit auch kalt werden kann, war uns bewusst. Allerdings nur am Abend und in der Nacht, so dachten wir. Der dichte Nebel kroch jedoch ordentlich unter die Jacken und am Abend sahen wir die Menschen in unserem Hotelviertel an den auf der Straße stehenden Feuerschalen hocken.
Delhi ist riesig und hat so um die 16 Millionen Einwohner. Da waren wir froh, einen ortskundigen Fahrer dabei zu haben, der sich auch durch den chaotischen und dichten Linksverkehr hindurcharbeiten konnte. Verkehrsregeln schienen nicht zu existieren, aber mit Gehupe und Gedrängel ging es doch vorwärts. Eine unserer ersten Amtshandlungen bestand im Geldumtausch. Wir fragten Om, unseren Fahrer, ob er eine vertrauenswürdige Wechselstelle kennt. Die kannte er. Dort gab es für uns auch noch tollen Masala Tee, zu probieren.
Om setzte uns am Hotel "Tree of Life" ab und verabredete sich gleich für den nächsten Morgen mit uns, für unsere Sightseeing-Tour.
Die Unterkunft war ordentlich. Es gab einen Gemeinschaftsbereich, wo man sich zum Frühstück traf. Wir waren allerdings fast die einzigen Gäste und so unter uns. Um warmes Wasser für die Dusche zu bekommen, musste man den Boiler manuell zuschalten und vorheizen lassen. Es war alles sauber, wenn auch der Zahn der Zeit schon ein wenig am Inventar genagt hatte.
Um an Abendessen heranzukommen, wagten wir uns nun das erste mal zu Fuß und ohne Guide in den wilden indischen Verkehr. Das ist schon eine Herausforderung, einfach über die Straße zu marschieren, wenn da noch unzählige Fahrzeuge auf einen zukommen. Und ja, man wird angehupt, aber es wird dann auch gebremst. Man darf nur nicht stehen bleiben, so der Eindruck. Wir gingen in eines der gut besuchten Restaurants, eher Fastfood, aber unser Curry schmeckte ganz hervorragend.
Die Nacht darauf war eher unruhig. Das Hotel befand sich in der Nähe des Flughafens, der kein Nachtflugverbot kennt...
Delhi an einem Tag
Als wir am nächsten Morgen gemeinsam beim Frühstück saßen, sah auch S. etwas übermüdet aus. Er hatte, wie ich, die Anzahl der Flugzeuge pro Stunde ausgewertet und so konnten wir beide unser Wissen zum Besten geben. ;-)
Es gab Masala-Omelette, Toast, Butter, Marmelade und Honig. Masala heißt „Mischung“. Masala Tee ist also eine Mischung aus Tee und verschiedenen Gewürzen. Masala Omelette ist demnach ein Omelette mit Tomaten, Zwiebeln und anderen "geheimen" Zutaten. Zum Frühstück gehörte in der Regel immer Obst dazu, Papaya, Ananas und Melone. Manchmal auch Bananen.
Unser Fahrer Om war pünktlich. Noch pünktlicher war unser Reiseleiter Sylvester. Der Toyota wurde wieder so umgebaut, dass wir auch mit 6 Personen Platz fanden. Und dann ging es durch die Straßen Delhis zu unserem ersten Besichtigungspunkt, der größten Moschee Indiens, Jama Masjid. Delhi gilt als die dreckigste Stadt der Welt. Nun, Schmuddelecken gab es überall. Sämtliche Abfälle wandern an vielen Stellen direkt auf die Straße. Dazu kommt der Kot von Kühen, Hunden, Affen und anderen Tieren. Das gehört in Delhis Straßen eben auch dazu. An jeder Straßenkreuzung klopfte es an unsere Scheibe und es wurde um Geld gebettelt. Unser Reiseleiter und Fahrer baten uns, das nicht zu beachten. Man fühlt sich schlecht, wenn man die bettelnden Kinder sieht. Nur wo soll man da anfangen? Es sind so viele... Auch leben viele Menschen einfach auf der Straße unter behelfsmäßigen Zelten aus alten Planen und was es sonst noch so gibt. Unser Reiseleiter erzählte uns, dass man versucht hat, die Menschen von der Straße zu bekommen und ihnen Wohnungen zugewiesen hat. Und was haben sie gemacht: Sie sind wieder auf die Straße gezogen und haben die Wohnung "vermietet", um das Geld zu bekommen. So einfach ist es also nicht, jahrelange Gewohnheiten abzulegen. Wohlgemerkt, ich verurteile diese Menschen nicht. Sie führen jeden Tag einen harten Überlebenskampf, so wie sie es gelernt haben, mit allen Tricks. Eine Veränderung ist vermutlich nur aus der Gesellschaft heraus, durch Ursachenbekämpfung, möglich. Das wird allerdings einige Generationen dauern und Arbeit kosten. Ein Überstülpen von besserwisserischen Regeln, die nur die Symptome bekämpfen, wie es die Europäer gerne machen, bringt wohl eher nichts.
Weiter zur Moschee: Am Bau im 17. Jahrhundert waren ca. 5000 Handwerker beteiligt. Bevor wir auf das Gelände durften, hieß es "Schuhe aus und Latschen an". Die Latschen gab es für 100 Rupien vor Ort zu kaufen. Der Eintritt lag bei 300 Rupien (etwas mehr als 3 Euro). Kopf, Beine und Schultern mussten mit der Kleidung bedeckt sein. Das war kein Problem bei der Kälte.
Unterwegs in Delhi: Video Thorsten
Auf dem ziemlich quadratischen Hof der Moschee waren nur wenige Touristen unterwegs. Aber es sollen dort wohl gut 25.000 Gläubige Platz finden. Die Moschee wurde von Shah Jahan in Auftrag gegeben. Das ist der gleiche Shah, der auch das Taj Mahal bauen ließ. Unser Guide erwähnte, dass die Moschee heilige Reliquien des Propheten Mohammed und eine alte Abschrift des Korans beherbergen soll. Gesehen haben wir das allerdings nicht.
Jama Masjid - Fotos Thorsten Klook
Die Jama Masjid befindet sich ganz in der Nähe des Roten Forts. Aber es war Montag und das Fort damit geschlossen. Also besuchten wir nicht das Fort, sondern fuhren mit der Fahrradrikscha über Delhis ältesten Markt, den Chandni Chowk. Der Weg durch die engen Gassen der Altstadt war ein Erlebnis, zumal man auf der Rikscha hautnah dran ist. Es gab alles für die Hochzeit, Gewürze, Früchte, Schmuck, Alltagswaren, Tee, Essen, Kleidung, Stoffe... und es herrschte reger Trubel. An einer der Straßenkreuzungen boten Handwerker ihre Dienste an. Unser Guide erzählte uns so viele Details, vor allem auch historische, die wir nur schwer alle verarbeiten konnten. Das waren sehr viele Informationen auf einen Schlag.
Chandni Chowk - Fotos Thorsten Klook
Der größte Sikh-Tempel in Delhi, mit goldener Kuppel, war die nächste Station. Der Gurudwara Bangla Sahib-Tempel gehört der viertgrößten Glaubensgemeinschaft Indiens. Hier wird das heilige Buch der Sikhs aufbewahrt. Besuchen darf diesen Tempel jeder. Alter, Nationalität, Geschlecht und Glauben spielen keine Rolle. Wir zogen also wieder unsere Schuhe aus und setzten ein Kopftuch auf. Unsere Mützen wurden nicht akzeptiert. Das Prozedere erfolgte in einem extra Raum, wo man auch gleich noch ein wenig mehr über die Religion erfahren konnte, wenn man sich die Wandtafeln durchlas. Bangla bedeutet Bungalow. Hier hatte im 17. Jahrhundert Raja Jai Singh, der Maharadscha von Amber sein "Wochenendhaus". Amber und Raja Jai Singh begegneten uns dann übrigens in Jaipur wieder - kleiner Spoiler ;-)
Man hat uns tatsächlich in die Großküche gelassen und wir durften fotografieren und filmen und auch ein wenig mithelfen. Zum Beispiel beim Wenden der Naan-Brote. In diesem Tempel wird jeden Tag für mehrere 10.000 Menschen gekocht und das Personal arbeitet unentgeltlich. Die Geschichte, so wie ich sie verstanden habe, ist wie folgt: Einer der ersten Sikh-Gurus konnte keine Kinder bekommen. Als seinen "Nachfolger" bestimmte er also ein Buch, wo er all seine Erfahrungen und Weisheiten niederschrieb. Dieses wurde dann das heilige Buch, welches in diesem Tempel aufbewahrt wird. Das war die Kurzfassung.
Die Sikh sind allgemein hin auch bekannt als "Kriegerkaste". Viele von Ihnen sind allerdings längst keine Krieger mehr und verdienen ihr Geld in anderen Berufen.
Auf dem Hof des Geländes gibt es ein großes Wasserbecken. Natürlich ist dort Fotoverbotszone, weil sich dort manchmal auch Gläubige spirituell reinigen. An diesem Tag war es allerdings einfach zu kalt. Wir haben keinen Badenden gesehen.
Gurudwara Bangla Sahib-Tempel - Fotos Thorsten Klook
Nach unserem Besuch im Sikh-Tempel ging es in Richtung des Geschäftsviertels Connought Place, wieder mit dem Auto. Die Fahrt dauerte nicht lange. Wir hielten an einem Restaurant, Connought Club House mit "German Microbrewery". Das Essen war gut, dass Bier auch. Das Restaurant war nur mit Touristen besetzt, soweit wir das überblicken konnten.
Nach der Mittagspause ging es zügig weiter: Nächste Station war das Humayun-Mausoleum, zum Weltkulturerbe gehörend. Der Baustil hatte deutliche persische Einflüsse und war die Basis und Vorbild für das später weltberühmte Taj Mahal. Aber dazu kommen wir noch. Eintrittspreis übrigens 600 Rupien, umgerechnet etwa 6,50 Euro im Januar 2024, für ausländische Touristen.
Neben dem Hauptgebäude, Humayuns Mausoleum, gibt es weitere Nebengebäude in dem recht großen Park. So das Grab von Isa Khan, die Moschee von Isa Khan, das Grab des Barbiers (!) und weitere. Wir hatten viel zu laufen in dem schönen Park.
Dort sind uns auch die Rot- und Schwarzmilane aufgefallen, die man fast überall in der Stadt sehen konnte. Sie scheinen reiche Beute machen zu können. Daneben gab es viele grüne Halsbandsittiche, die überall einen Nistplatz fanden.
Humayuns Grab - Fotos Thorsten Klook
Das Qutb Minar war dann unsere letzte Station des Tages. Dieser Siegesturm ist ein weiteres Weltkulturerbe. Durch die einsetzende Dunkelheit und die zugeschaltete Beleuchtung des aus rotem und hellen Sandstein bestehenden Turmes, bekam das noch ein besonderes Flair. Nach der Eroberung Delhis durch den muslimischen General Qutb-ud-Din Aibak wurden auf dem Gelände 27 Hindu- und Jain-Tempel zerstört. Die menschlichen und tierischen Figuren wurden unkenntlich gemacht. Das hatten wir auf unserer Tour noch an vielen Tempeln gesehen.
Auf demselben Gelände befindet sich seit etwa 1000 Jahren, im Hof der Quwwat-ul-Islam-Moschee, eine geschmiedete Eiserne Säule. Diese ist 6,5 Tonnen schwer und über 7 m hoch, davon etwa 1 m im Boden. Sie zeigt so gut wie keinen Rost! Metallurgen aus aller Welt haben dazu schon einige Theorien aufgestellt.
Qutb Minar - Fotos Thorsten Klook
Wir kamen jedenfalls ordentlich geschafft in unserem Hotel an.
Agra
Die Flugzeuge weckten uns auch am nächsten Morgen. Das Herpesvirus, was sich am Tag zuvor so vorsichtig an meinen Lippen zeigte, hatte es nicht geschafft, sich durchzusetzen. Die Blasen waren wieder verschwunden. Das war ein gutes Zeichen, das Immunsystem war intakt.
Die Fahrt nach Agra war allerdings vernebelt. Agra liegt 220 km südöstlich der Hauptstadt im Schwemmland des Yamuna-Flusses und wir dachten und hofften, dass der Nebel durch den Fluss gefördert wird. Aber die Wetterkarte zeigte auch für die nächsten Tage keine Änderungen an und das leider auch für alle noch vor uns liegenden Städte. Wir hatten offensichtlich die falschen Sachen eingepackt. Nun, damit mussten wir uns arrangieren.
Gegen 13.30 Uhr checkten wir im Coral Court Homestay in Agra ein. Uns empfing ein hübsches und sauberes Anwesen. Ebenso wie in Delhi war ich mit meinem Namen für die ganze Gruppe gemeldet. Also sammelte ich die Reisepässe ein und übergab sie an die Chefin des Hauses. Diese fertigte Kopien an und nebenbei trugen wir uns in das große Buch ein. Dabei war auch immer wichtig, wo wir herkamen und wohin die Reise weiter ging. Diese lückenlose Auflistung erfolge übrigens in jedem Hotel auf der gesamten Reise.
Als die Chefin des Hauses uns dann die Pässe wiedergeben wollte, konnte sie uns nicht so richtig auseinander halten. Das sagte sie uns dann auch mit einem Lächeln. Wir Europäer haben ja oft auch das gleiche Problem mit asiatischen Gesichtern. Nun, es ist offensichtlich auch andersherum genauso schwierig.
Jan* hatte inzwischen auf dem Zimmer die Heizung angeschmissen. Es war herbstlich kalt. Allerdings gab es nur wenig Zeit, um auszuruhen. Unser Guide Sylvester wartete schon auf uns. Wir fuhren zum Roten Fort in Agra. Das liegt auf einem Hügel, direkt am Yamuna-Fluss. Agra war ab 1565 Hauptstadt des Mogulreiches. Allerdings nicht lange, denn 1572 ging der Hauptstadttitel an Fatehpur Sikri und dann an Lahore. 1648 ging es dann wieder zurück nach Delhi. Es war also ein stetes Hin-und-Her.
Ein Teil des Geländes im Fort wird immer noch militärisch genutzt und ist der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Die gesamte Fort-Anlage hat einen halbmondförmigen Grundriss und ist von einer bis zu 21 Meter hohen Mauer umgeben. Diese besteht, wie die Mehrzahl der umschlossenen Gebäude, aus Ziegelstein und ist mit roten Sandsteinplatten verkleidet.
Der Prinz Aurangzeb hatte seinen Vater Sha Jahan, den Erbauer des Taj Mahal, in diesem Fort unter Arrest gestellt. Jener durfte dann noch aus der Ferne auf sein Bauwerk schauen. Warum der Sohn seinen Vater unter Arrest stellte, habe ich nicht herausgefunden. Zuvor hatte der Shah allerdings noch einige Palastbauten aus weißem Marmor im inneren des Forts für seine Töchter errichten lassen. Vermutlich ging es also um Geld. Es geht ja immer irgendwie um Geld und Macht.
Das Fort ist ziemlich groß und die Paläste wirklich sehenswert. Wir hatten den Rest des Nachmittags zu tun, all die prächtigen Bauten zu betrachten. Es fehlte nur etwas Sonne, um die Umgebung in besserem Licht erstrahlen zu lassen. Aber die kam leider nicht.
Nach unserem Besuch im Fort ging es zurück zum Hotel. Om fuhr uns anschließend in das Restaurant Sizzlers. Wir baten ihn, mit uns gemeinsam hineinzugehen, aber er lehnte strikt ab. Er wartete die ganze Zeit im Auto auf uns. Da die Küche ein paar Probleme hatte, dauerte es zwar ziemlich lange, aber das Essen war ausgezeichnet. Und wir hatten genügend Zeit, den Tag Revue passieren zu lassen.
Rotes Fort Agra - Fotos Thorsten Klook
Weißer Marmor vor Nebelwand...
Ein neuer Tag brach an. Nach dem Frühstück liefen wir zu Fuß in Richtung Taj Mahal. Unser Guide hatte uns extra schon etwas später abgeholt, weil es so neblig war. Auch er hoffte, dass sich der Nebel zu späterer Stunde etwas lichten würde. Das passierte nicht, hatte allerdings den Vorteil, das kaum Andrang herrschte. Wo sich sonst die Menschenmassen hineinschoben, hatten wir freie Auswahl. Die Security-Leute hatten wenig zu tun. So konnten sie in aller Ruhe alle Taschen durchsuchen und eventuell verbotene Sachen heraussortieren.
Den Taj Mahal ließ Shah Jahan zum Gedenken an seine Frau Mumtaz Mahal erbauen. Inzwischen fand man auf der anderen Seite des Yamuna-Flusses Fundamente, die darauf hindeuten, dass der Shah sich dort ein baugleiches schwarzes Grabmal bauen wollte. Vielleicht ist das ja auch der Grund, warum der Sohn seinen Vater einsperrte? Zu viel Geld ausgegeben? Wer weiß.
Der Taj Mahal aus weißem Marmor zählt heute zu den sieben Weltwundern der Neuzeit. Passend dazu liefen im dazugehörigen Park einige Kuhreiher herum, ebenfalls schön weiß. Und der Nebel im Hintergrund sorgte für einen wunderbaren Anti-Kontrast. Sozusagen "weißer Marmorbau auf weißem Grund" ;-)
Der Bau war beeindruckend, auch und gerade wenn man ihn aus der Nähe sieht. Wir hatten genügend Zeit, uns alles genau anzuschauen. Unser Guide wartete in aller Ruhe, bis wir jeden Winkel durchforstet hatten. Natürlich durften die Gruppenfotos und Posen nicht fehlen. Der Eintrittspreis für den Taj Mahal betrug übrigens 1300 Rupien, inklusive einer Flasche Wasser.
Taj Mahal - Fotos Thorsten Klook
Auf uns wartete noch eine Nachmittagsreise nach Gwalior. Nach der Besichtigung des Taj Mahal gingen wir zurück zum Hotel, schnappten unsere Koffer und starteten eine 3-Stunden-Fahrt über die indischen Straßen.
Unterwegs nach Gwalior - Fotos Thorsten Klook
Gwalior
Om fuhr uns sicher in die Millionenstadt. Dabei überquerten wir die Grenze zwischen den Bundesstaaten Uttar Pradesh und Madhya Pradesh. An der "Grenze" wurde Om von der Polizei herausgewunken. Er suchte einen sicheren Stellplatz, stieg aus, ging hin, kam verärgert wieder und holte seine Geldbörse. Als er wieder zum Auto kam, sagte er kein Wort. Aber wir vermuteten, dass er "zu schnell" unterwegs war. Das war er nicht und man hätte ihm das auch gar nicht beweisen können. Ein Laser oder ähnliches Gerät war weit und breit nicht zu sehen. Aber darum gings es da auch nicht. Er war mit ausländischen Touristen unterwegs, da war etwas zu holen.
Natürlich war es immer noch neblig und kalt. Dafür war unsere Hotelanlage Deo Bagh eine echte Überraschung. Die Zimmer bzw. eher bungalowartigen Gebäude betrat man vom großzugig angelegten Park aus. Die Türen waren mit Vorhängeschlössern gesichert. Das Hotel Deo-Bagh war eine kleine Oase im Chaos der Stadt. Dort gab es Tempel, Streifenhörnchen, viele Vögel und ein klein wenig Sonne, wenn auch nicht für sehr lange.
Wir besichtigten am späten Nachmittag das Hotelgelände mit seinen Tempeln aus dem 16. Jahrhundert. Zum Abend hin wurde das Terrain sehr schön beleuchtet. Übrigens wohnte der Besitzer des Anwesens mit auf dem Gelände, lediglich getrennt durch ein Hinweisschild, die Privatsphäre zu achten.
Zwei schöne, große Orangenbäume wuchsen im Hotelpark. Nach unserer Abendrunde bei toller Beleuchtung gab es Abendessen im Hotelrestaurant. Dort lief bereits ein Heizlüfter. Normalerweise wird der nicht benötigt. Nun, ich wiederhole mich: Es war einfach kalt. Nach einer kurzen Skatrunde ging es schnell schlafen.
Gwalior Deo Bagh Hotelanlage - Fotos Thorsten Klook
Mit leichtem Halskratzen bin ich aufgewacht. Ich hoffte, dass es nur die Klimaanlage des Autos war, die dafür die Verantwortung trug und sich das Halskratzen wieder entfernt.
Nach dem Frühstück, wieder mit "Continental Breakfirst", also Toast, Butter, Marmelade und Honig und diversen anderen Leckereien, wie Kuchen vom Büffet, hatte Om uns wieder abgeholt. Als Kaffee wurde meistens eine Instant-Mischung serviert. Ich mochte sie nicht besonders, aber sie machte wach. Wir checkten aus und fuhren zum Gwalior Fort, auf einem Tafelberg gelegen. In der nähe des Forts befinden sich die meisten Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Kostenpunkt 300 Rupien. Das Gelände ist groß. Und wir waren ziemlich allein auf weiter Flur. Wir liefen also los und landeten zunächst im Außenbereich. Die alten Gemäuer waren schon arg mitgenommen. Aber an manchen Stellen konnte man noch die Farben erkennen. Das muss einmal eine Pracht gewesen sein. Wir schauten uns den mit farbigen Kacheln dekorierten Man-Singh-Palast an. Er entstand um 1500 und vereint hinduistische mit islamischen Dekorelementen. Der Gurjari-Palast stammt aus derselben Zeit und wurde für die Lieblingsfrau Man Singhs erbaut. Er beherbergt heute ein archäologisches Museum. Diesen Teil haben wir ausgelassen.
Man-Singh-Palast - Fotos Thorsten Klook
Unser Navi führte uns dann weiter zu den Sas-Bahu-Tempeln. Die beiden sehr schön verzierten und nebeneinander stehenden Tempel stammen aus dem 11. Jahrhundert und stehen zum Schutz vor Regenwasser und frei laufenden Tieren auf einer Plattform. Sie zeigen Menschen und Tiere als Relief, wunderbare Handwerkskunst aus Sandstein. Dabei waren allerdings wieder alle Gesichter zerstört worden. Die Tempel von Khayuraho mit ihren erotischen Darstellungen – Kamasutra – sind wohl besser erhalten. Aber bis nach Khayuraho sind wir auf unsere Reise durch Nordindien nicht gekommen. Das hätte unseren Zeitrahmen gesprengt. Wir trafen allerdings auf dem Rückflug nach Delhi einen amerikanischen Touristen, der neben uns saß, der uns dann Fotos von Khayuraho zeigte.
Irgendwo im Nirgendwo fanden wir, zwischendurch und zu unserer Überraschung, eine Poststelle. Die von meinem Freund Jan verschickten Karten kamen dann auch schon nach sieben Monaten an... ;-)
Der hohe Teli-ka-Mandir aus dem 8. Jahrhundert ist einer der eigenwilligsten Hindutempel überhaupt. Dabei schien das Dach restauriert zu sein und deutlich neueren Datums. Aber vielleicht lagen wir da auch falsch.
Wir ließen uns viel Zeit und kamen dann irgendwann am Parkplatz an, wo Om auf uns wartete. Insgesamt haben wir gute vier Stunden auf dem Fort-Gelände verbracht.
Die enge Straße zum Fort kann jeweils immer nur aus einer Richtung befahren werden. Die Fahrzeuge wechseln sich also ab und werden unten und oben registriert. Bei der Fahrt nach unten sahen wir die Jain-Figuren und baten Om, zu halten. Es gibt dort mehrere stehende und sitzende Jain-Tirthankaras, die vom 7. bis zum 15. Jahrhundert aus dem Fels gehauen wurden. Die größte Figur stellt Rishabha (oder Adinath) dar und ist knapp 18 m hoch. Die Köpfe der Statuen wurden durch Eroberer zerstört, doch später wieder erneuert. Om sagte uns, dass wir uns beeilen müssten, denn unten würde auf uns gewartet. Das taten wir auch. Wir flitzten zu den Figuren, machten unsere Fotos und waren Ruck-Zuck wieder am Auto. Das war das einzige Mal, dass wir unter richtigem Zeitdruck standen.
Sas-Bahu-Tempel, Teli-ka-Mandir und Jain Tirthankaras - Fotos Thorsten Klook
Nach der Besichtigung der Sehenswürdigkeiten von Gwalior setzten wir unsere Reise fort nach Orchha, wieder eine 3-Stunden-Fahrt.
Orchha
Unterwegs nach Orchha sahen wir eine Kuh-Ambulanz, Kühe, Hunde, Menschen, hupenden Verkehr und das übliche Chaos. Gegen 17.00 Uhr waren wir im Amar Mahal Hotel. Orchha ist ein Ort mit ca. 12.500 Einwohnern im Distrikt Tikamgarh des indischen Bundesstaates Madhya Pradesh. Orchha war von 1531 bis 1950 Hauptstadt des gleichnamigen Fürstenstaates. Touristisch ist die eher "ruhige" Kleinstadt besonders wegen ihrer Paläste und Tempel aus dem 16. und 17. Jahrhundert attraktiv. Auch in Orchha war es wieder kalt und neblig. Das verfolgte uns. Allerdings hatten wir im Amar Mahal Hotel einen kleinen Heizlüfter. Den drehten wir hoch und selbst noch eine kleine Runde durch den Ort. Dann gab es Abendessen und nach der Skatrunde ging es ins Bett. Fritz* bekam wegen seiner Magen-Darm-Probleme Iberogast von mir und er half mir mit Lutschtabletten gegen meine Halsbeschwerden aus.
Treppe rauf und Treppe runter
Um 7.30 Uhr war Wecken. Die Halsschmerzen waren nicht stärker geworden, dafür setzte der Schnupfen ein. Kein Wunder, aber alles noch erträglich.
Nach dem Frühstück holte uns Om ab und wir fuhren nur ein paar Meter weiter, um dann wieder auszusteigen. Das war natürlich Unsinn. Wir schickten Om zurück. Er sollte nicht auf uns warten. Und wir begannen dann mit unserer Ganztages-Tempeltour. Selbst gestaltet. Wir haben so ziemlich alle Paläste und Tempel, die es in Orchha gibt, besucht. Treppe rauf und Treppe runter. Wir kamen uns vor wie im Spiel "Prince of Persia". Manche Wege führten ins Nichts. Die Paläste waren verwinkelt und hatten kleine Nischen. Unbeschreiblich. Das muss man erlebt haben! Aber der Zahn der Zeit hatte ordentlich an dem alten Gestein genagt. An manchen Stellen konnte man noch erahnen, was für eine Pracht das einmal gewesen sein muss. Wir hatten folgendes Pensum:
1. Fürstenpalast Raja Mahal aus dem 16. Jahrhundert
2. Anbau Jahangiri Mahal aus dem 17. Jahrhundert (mit Bollywood-Film-Dreharbeiten)
3. Chaturbhuj-Tempel aus dem 16. Jahrhundert, Rama gewidmet.
4. Der palastähnliche Raja Ram Mandir ist der Hindugottheit Rama geweiht und entstand ebenfalls im ausgehenden 16. Jahrhundert.
5. Memorialbauten (Chhatris) über den Verbrennungsplätzen der Rajas von Orchha am Betwa Fluss.
6. Laxmi-Tempel
Weitere Tempelbauten Deewan Mahal, Kanchan Ghat, Radhika Raman Mandir. Wir waren 7 Stunden am Stück unterwegs. Das war die Kurzfassung ;-)
Im Jahangiri Mahal wurden gerade Dreharbeiten für Bollywood durchgeführt. Wir durften trotzdem hinein und schlichen uns außerhalb der Sichtweite vorbei. Die aufgestellten Möbel waren wohl nur für die Dreharbeiten hergerichtet worden. Weiter führte uns der Weg zum Chaturbhuj-Tempel. Diesen erwähne ich besonders, weil wir dort auf die Dächer durften. Gegen Gebühr, versteht sich. Ein Junge führte uns die Treppen hinauf zu den Dächern. Er war mit einer Taschenlampe "bewaffnet", denn teilweise waren die Gänge richtig dunkel. Als ich ihn fragte, wie alt er sei, meinte er vierzehn. Und er arbeite im Tempel seitdem er 9 Jahre alt sei. Natürlich nur, wenn keine Schule ist. Und Schule war nicht. Wegen der Kälte. Sie hatten Kältefrei. Er zeigte mir seine Schule oben vom Dach aus. Außerdem wusste er, wo die Geier sitzen. Wir konnten einen der indischen Geier sehr gut filmen und beobachten. Dazu noch eine Eule und ein paar Fledermäuse. Ein paar indische Touristen, die ebenfalls dort oben herumgeisterten, fragten uns, ob wir Archäologen seien. Da musste ich wirklich lachen. Einer der Mitreisenden hatte seinen "Indiana Jones" Hut auf. Das muss es gewesen sein…
Noch einmal zurück zu den indischen Geiern. Der Junge erzählte mir, das die Geierpopulation schon fast ausgestorben war. Ich recherchierte den Grund: Die Geier sind Aas-Fresser. Das ist soweit bekannt. Sie hatten daher auch verstorbene Rinder gefressen. Und einige dieser Rinder wurden zuvor mit Medikamenten behandelt, die den Geiern nicht bekommen sind. Bis man das herausgefunden hatte, war es fast zu spät. Inzwischen ist dieses Medikament für die Behandlung der Kühe verboten und die Population hat sich etwas erholt. Für Menschen wird es übrigens weiter genutzt. Es ist ein ziemlich bekanntes Schmerzmittel...
In einem kleinen Tempel, ich glaube es war der Radhika Raman Mandir, wohnte eine Mutter mit ihrer Tochter. Sie ließen uns gegen eine kleine Spende auch in ihre oberen Zimmer. Die Fenster, mit Mustern durchbrochen und dadurch offen, hatten sie kreativ mit Plastikflaschen abgedichtet. Gegen die Kälte und den Wind. Das sah komisch aus, war aber wirksam.
Zwischendurch gönnten wir uns einen Masala-Tee bei einem der Stände. Der war gut und wir zahlten tatsächlich nur den Preis, den auch die Einheimischen bezahlten.
Der Laxmi-Tempel war an diesem Tag der letzte Tempel. Dann war der Tag schon fast vorbei. Der Weg zum Laxmi-Tempel wurde gerade neu gepflastert. Das erledigten überwiegend Frauen. Kinder waren auch mit dabei. Um sich zwischendurch aufzuwärmen, hatten sie mehrere kleine Lagerfeuer entzündet, an denen sie in den Arbeitspausen saßen.
Zu Fuß marschierten wir dann zu unserem Hotel zurück. Nach dem Abendessen und dem obligatorischen Skatspiel ging es zur Nachtruhe.
Die Tempel von Orchha, eine kleine Auswahl - Fotos Thorsten Klook
Ranthambore Nationalpark
Als wir am frühen Morgen zum Frühstück aufbrachen, sahen wir junge Affen auf den, vermutlich für eine Hochzeit, aufgebauten und geschmückten Bühnen toben. Um 9.30 Uhr verließen wir Orchha nordwestlich in Richtung Ranthambore. Unterwegs sahen wir Ziegeleien, Chilli-Plantagen, Affen, Lemuren, Kühe, Hunde, Schweine und Ziegen. Irgendwann wurde es unterwegs warm im Auto. Die Sonne kam heraus und wir konnten die Jacken ausziehen. Der Nebel war endlich verschwunden. Was für eine Wohltat. Insgesamt wurde es eine Sieben-Stunden-Fahrt. Die Ziegeleibetriebe standen teilweise dicht an dicht. Jeder dieser kleinen Betriebe war in Familienbesitz und hatte natürlich seinen eigenen Schornstein, vermutlich ohne Abgasfilter allem Anschein nach. Nun, ganz ähnlich sahen die Ziegeleien früher auch bei uns aus.
Ziegelei - aus dem fahrenden Auto fotografiert
Om meinte, wir sollten uns doch noch ein Women-Handycraft-Center in Ranthambore anschauen. Das konnten wir ihm nicht ausschlagen. Dort gab es jede Menge "Touri-Zeug", T-Shirts, Schnitzereien und Stoffe und auch alte Dinge. Mir fiel ein Vorhängeschloss mit Schildkrötenmuster aus Messing in die Hände. Das funktionierte allerdings nicht so richtig. Davon hatte der Inhaber dann noch ein zweites. Das funktionierte auch nicht so richtig. Ich hatte es dann trotzdem mitgenommen. Der aufgerufene Preis war natürlich viel zu hoch, das war klar. Also haben wir ein wenig heruntergehandelt. Ich vermutete, dass das Teil aus Messing nur Antik aussah. Letztlich war es aber auch egal. Es hängt nun an der Wand und bei ebay und Co. habe ich es in dieser Form noch nicht gesehen ;-)
Wir sind alle fündig geworden und die Belegschaft hatte mit uns sicher einen guten Umsatz gemacht. Zum Abschied winkte uns das gesamte Personal zu.
Im Hotel Ranthambore Kothi gab es bald nach dem Einchecken das Abendessen. Anschließend ließen wir bei einer Runde Skat den Abend ausklingen. Unserem F. mit seinem Magen ging es schon wieder besser. Nur noch etwas Schonkost war angesagt. Mein Hauptproblem bestand inzwischen darin, dass ich meine Taschentücher schon längst aufgebraucht hatte. Neue gab es nicht. Also benutzte ich das „durchsichtige“ Toilettenpapier oder noch besser die Servietten. Die Toilettenpapierrollen waren allerdings so klein und so schnell leer, weil das dünne Papier mehrfach gefaltet werden musste, um als Taschentuch zu dienen.
Hautnah dabei
Der neue Tag begann sehr früh. Schon um 6.00 Uhr waren wir an der Rezeption. Noch etwas zu früh, wie es schien. Das Personal schlief noch. Vor dem Tresen. Auf einer Matratze. Als er uns bemerkte, räumte er eilig alle Sachen weg und es gab bald darauf diesen wach machenden Instant-Kaffee und ein paar Kekse. Um 6.40 Uhr wurden wir abgeholt und los ging die wilde Fahrt in den Nationalpark. Es war kalt. Sehr kalt. Drei Hosen, T-Shirts, Fleece, Jacke und Decke nutzten alles nichts. Im offenen Jeep zog es wie "Hechtsuppe". Für umgerechnet 6 Euro holte ich mir noch eine wärmende Mütze bei einem der Händler, die das Problem bereits kannten. Die Mütze rettete mich. Ich zog sie über beide Ohren. Nach dem Schnupfen setzte nun auch der nervige Husten ein. Mein Stubengenosse fing auch an zu schniefen, was zu erwarten war.
Der Nationalpark ist in mehrere Zonen eingeteilt. Nicht alle dürfen immer befahren werden. Wir starteten in Zone 2. Der Nebel lag wieder über den Seen und tauchte die Landschaft in unwirkliches Licht. Wir sahen Affen, Antilopen, Vögel, Rehwild, Krokodile und eine Tigerin mit ihren drei Jungtieren. Etwa drei Stunden später waren wir zurück im Hotel. Es gab noch ein paar Reste vom Frühstück. Wir hatten nun Freizeit bis um 14.00 Uhr. Dann startete die zweite Safari-Tour. Bis dahin setzten wir uns in den kleinen Vorgarten, wo die Sonne schien, später dann hinten an den Pool. Da musste man dann schon an die Sonnencreme denken.
Im Nationalpark - Fotos Thorsten Klook
Die zweite Tour führte uns in die Zone 3. Die Sonne schien und es fühlte sich schon viel besser an als in der Kälte der ersten Tour. Mit bei uns an Bord war ein Franzose mit einer riesigen Spiegelreflexkamera. Das Objektiv konnte er gar nicht ruhig festhalten, auf dem hüpfenden Jeep.
Zu dieser Stunde war deutlich mehr los im Park. Neben den kleinen Jeeps wie wir einen hatten, waren auch große Fahrzeuge unterwegs, mit bestimmt 20 Menschen. Diese Fahrzeuge waren auch viel höher und breiter. Wir sahen wieder Krokodile, Vögel, Antilopen, einen Mungo, Affen und erneut eine Tigerin mit Jungen. Die Videoaufnahmen wurden noch besser als in den Morgenstunden. Und dann sahen wir die Tigerin, wie sie erfolgreich an einer Wasserstelle jagte. Übrigens durften wir das Fahrzeug zu keinem Zeitpunkt verlassen. Ein Kind, das auf einem anderen der Fahrzeuge saß, hatte ein Stofftier verloren. Das lag nun draußen. Eigentlich in griffbereiter Nähe. Keiner der Guides hatte es gewagt, das Fahrzeug auch nur für Sekunden zu verlassen. Es war schlicht verboten. Und wenn einer der Ranger das mitbekommen hätte, wären sie vermutlich ihren Job los gewesen.
Sobald sich die Tigerin in Bewegung setzte, starteten die Motoren der Fahrzeuge. Das Raubtier war mitunter sehr dicht. Unmittelbar vor ihrer Jagd war sie weniger als 30 m von uns entfernt gewesen. Die Fahrzeuge standen teilweise so ineinander verkeilt, dass wir uns fragten, ob wir schnell genug gewesen wären, um bei Bedarf wegzukommen... Es ist allerdings auch so, dass die Touren nur in Revieren stattfinden, wo man sicher weiß, dass die Tiere daran gewöhnt sind. Es gibt Reviere von männlichen und aggressiveren Tigern, die nicht mit Touristen angesteuert werden.
Als wir die Rückfahrt antraten, war die Sonne schon am Untergehen. Dadurch wurde die Landschaft noch einmal in ganz besonderes Licht getaucht. Dieser Tag war ein voller Erfolg.
In der Nacht war ganz in der Nähe eine Feier, dafür hatte man dann die vorbeifahrenden Züge nicht so gehört. Eine Kröte musste man schlucken... :-) Wenn man da sehr empfindlich ist, empfehlen sich Ohrstöpsel.
Ein wenig Mathematik
Steffen* und Fritz hatten auch die dritte Tour an diesem neuen und gerade erwachenden Morgen mitgemacht, wieder um 6.00 Uhr. Unser Zimmerteam hatte die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Tigersichtung, gegen die Aussicht, etwas länger zu schlafen und nicht erneut so frieren zu müssen, abgewogen. Wir blieben im Hotel und sonnten uns später hinten am Pool.
Die beiden Fotojäger waren lange unterwegs. Sie waren einen riesigen Bereich in Zone 4 abgefahren und hatten erneut jede Menge Natur bewundern dürfen. Tiger gab es jedoch keine mehr zu sehen.
*Namen geändert
Jaipur
Um 11.30 Uhr checkten wir aus und Om fuhr mit uns nach Jaipur. Etwa 3,5 Stunden später waren wir im Hotel. Von außen war das Alsisar Haveli unscheinbar, aber sobald man durch das Tor ging, war man in einer völlig anderen Welt. Die Einrichtung war palastähnlich eingerichtet, mit kleinem Pool und Bar und einem beheizten Restaurant. Unsere Zimmer waren ganz oben, auf dem Dachbereich. Auch hier wurden die Türen mit einem Vorhängeschloss gesichert.
Draußen tobte das Stadtleben von Jaipur. In Ayodhjya, einer kleinen Stadt im Norden Indiens, wurde gerade ein neuer Tempel eingeweiht. Der Premierminister persönlich, Narendra Modi, war zugegen. Dazu muss man wissen, dass auf dem Gelände dieses Tempels vor einigen Jahrzehnten eine Moschee stand, die dann von radikalen Hindus zerstört wurde. Diese Aktion hatte damals einige Menschenleben gekostet. Auch Jahre später gab es immer wieder Anschläge, auch oder gerade wegen dieser Geschichte. Der geschichtliche Hintergrund ist der, dass die Hindus annehmen, dass in Ayodhjya ein Hindutempel stand, in dem Rama geboren wurde, ein Avatar Vishnas. Damit war und ist dieser Platz für die Hindus eine heilige Stätte. Nun steht in Ayodhjya an dieser Stelle wieder ein Hindutempel, zu Ehren Ramas. Und das wurde in ganz Indien frenetisch gefeiert. Überall in den Straßen von Jaipur gab es laute Musik. Zusammen mit dem ohnehin immer lauten Verkehr ergab das einen höllischen Lärm.
Ab 17.00 Uhr setzte dann das Feuerwerk ein. Am Himmel waren dazu noch einige Papierdrachen zu sehen, denn auch das Kite-Festival lief. Diese Papierdrachen waren meistens ganz einfach und einfarbig gestaltet. Und nicht nur Kinder ließen sie steigen. Man sah einige Erwachsene mit den Papierfliegern.
Sobald die Sonne unterging, wurde es sofort wieder kalt. Leider hatten wir das Bier im Hotel in Ranthambore vergessen. Also gab es an diesem Abend kein Bier. Auch gut.
Wecker frei Haus
Das Feuerwerk hörten wir die ganze Nacht hindurch. Als es sich dann etwas beruhigte, begann bereits der neue Tag. Um kurz vor 6.00 Uhr weckte uns der Ruf des Muezzin. An Schlafen war nicht mehr zu denken. Man lag einfach nur im Bett und ging so seinen Gedanken nach und ließ die zurückliegenden Tage ein wenig Revue passieren. Die vielen Eindrücke waren schon enorm.
Nach dem Frühstück im Hotelrestaurant startete unsere Sightseeing-Tour in Jaipur. Wir hatten wieder einen ortskundigen Reiseleiter.
Jaipur wird auch als Pink-City bezeichnet. Der Kernbereich der Stadt ist Terrakottafarben, weniger Pink. Aber das ist ja eine Definitionsfrage, wie mein Freund so schön bemerkte. Wir hielten kurz am Palast der Winde für ein kurzes Fotoshooting. Dort saß auch ein Schlangenbeschwörer. Die Schlange war echt. Der Mann auch. Aber eigentlich sind diese Aktivitäten wohl schon seit 1992 verboten. Daher sieht man sie nur noch selten. Wir hatten Glück, sind aber auf Abstand geblieben. Dann ging es weiter zum Amber Fort, elf Kilometer von Jaipur entfernt, im Aravalli-Gebirge. Die Festung wurde am frühen Vormittag etwas in Dunst getaucht, aber es war längst nicht so kalt wie auf unseren Touren zuvor. Das Fort wurde von Raja Man Singh I erbaut und von seinem Enkel Jai Singh I weiter ausgebaut. Wer bis hierhin gut aufgepasst hat weiß, dass Jai Singh uns schon in Delhi begegnet war. Und wer nicht aufgepasst hat, muss wohl noch einmal von vorne lesen... :-)
Der Spiegelpalast war wirklich prachtvoll. Wir sahen Reit-Elefanten, die den Weg hinauf zum Fort mit Touristen auf dem Rücken liefen. Das machten die den ganzen Tag. Hinauf und wieder hinunter, mit Touristen beladen. Das wollten wir nicht unterstützen, denn der Gesundheit der Elefanten kommt so eine Arbeit sicherlich nicht zu Gute. Andererseits ist jede Rupie den Menschen auch willkommen. Trotzdem: Wir entschieden uns für eine andere Variante mit den Elefanten, aber dazu kommen wir noch.
Nach dem Besuch im Fort wollten Fritz und Steffen noch Geld tauschen. Sie entdeckten eine Wechselstube. Als unser Guide das bemerkte, lief er ebenfalls dorthin. Er unterband das Geschäft. Die beiden waren irritiert, denn sie waren sich schon über den Wechselkurs einig gewesen. Im Auto klärte uns der Guide auf. Er spürte, dass wir verstimmt waren und nach Antworten suchten. Er sagte uns, dass er mit dieser Wechselstube schlechte Erfahrungen gemacht hatte und Touristen mit Falschgeld betrogen wurden. Deshalb hatte er das strikt unterbunden. Er brachte die beiden zu einer anderen Geldstube, mit gleichem Kurs, aber seriös. Übrigens bekommt man Geld in Indien nicht nur in Wechselstuben. Auch Hotels bieten den Geldtausch an und natürlich gibt es auch Bankautomaten (ATM).
Eine weitere Station unserer Stadtbesichtigung war die astronomische Ausstellung, mit diversen astronomischen und astrologischen Bauten. Das Observatorium Jantar Mantar wurde vom Stadtgründer und Hobbyastronomen Jai Singh II errichtet. Zwischen 1728 und 1734 wurden insgesamt 18 astronomische und astrologische Bauten errichtet, darunter die 27 Meter hohe Sonnenuhr. Das Gelände ist nicht gerade klein und man benötigt durchaus etwas Zeit, wenn man alles sehen möchte. In Indien spielt die Astrologie nach wie vor eine wichtige Rolle.
Jaipur - Fotos Thorsten Klook
Weiter ging es zum Jal Mahal Palast auf dem künstlich angelegten See, allerdings nur für ein Foto aus der Ferne. Es gab keine Verbindung per Boot hinüber. Unser Reiseleiter erzählte uns, dass er schon mehrere Schreiben an die Regionalverwaltung gerichtet hätte, dass man dieses Kleinod touristisch aufwerten könne, mit einem Café und Restaurant und Booten.
Wir gingen ein wenig an der Promenade auf und ab. Dort saßen einige Souvenirverkäufer. Alles traditionelles Handwerk. Warum aber sah dann alles so gleich aus, an jedem Stand? ;-)
Wir besuchten noch einen Juwelier. Der zeigte uns, wie die Steine geschliffen werden und dann gefasst. Jaipur Export´s Mukesh und Nitesh Mittal - Amber Road, Jaipur. Nun ein wenig bin ich vom Fach. Meine Frau ist Goldschmiedemeisterin. Einen Moment lang hatte ich überlegt, ob ich nun diese Reise als Dienstreise abrechnen kann? Scherz beiseite.
Am Nachmittag hatten wir eine Leopardensafari im Tourenplan. Allerdings ohne sichtlichen Erfolg. Leoparden gab es diesmal nicht zu sehen, dafür reichlich Natur, mit Eulen, Affen und Antilopen. Und wir hatten erfahren, dass die Leoparden in der Nacht auch in der Stadt jagen, mit Vorliebe Hunde. Deshalb kläfften die sicherlich so oft und lange, um sich vielleicht gegenseitig zu warnen.
Nach der Tour hatte uns Om zum Essen in das "Heritage Cuisine Diner" gefahren, inklusive Tanzshow mit Feuerschlucker. Dort sahen wir nur Touristen. Die ziemlich gute Show war sicher extra für uns Touris gemacht worden. Für die Rückfahrt hatte uns Om, wie besprochen, bereits ein E-Tuck-Tuck organisiert. Wir hatten eine lustige Fahrt, hautnah durch das abendliche Jaipur.
Ein Elefant namens Samba
Geweckt wurden wir wieder vom Feuerwerk und vom Muezzin.
Nach dem Frühstück sind wir einfach ein wenig durch die Straßen Jaipurs spaziert und haben so den Vormittag verbracht. Übrigens, wer den Film „Best exotic Marigold Hotel" kennt: Die meisten Drehorte waren hier in Jaipur: der Bahnhof, der Markt, der City Palace, das Amber Fort. In Teil 2 war auch der Windpalast zu sehen. Das Hotel im Film war dann allerdings das Reithotel Ravla Kemphur, etwa anderthalb Stunden von Udaipur entfernt. Aber zu Udaipur kommen wir noch später.
So gegen Mittag ging es zu den Elefanten von Elefantastic. Wir durften eine Elefantendame – Samba, 47 Jahre – füttern, bemalen und wieder abschrubben. Nebenbei erfuhren wir etwas über das Leben der Elefanten und was sie so am Tag an Futtermengen verschlingen. Das war eine besondere Erfahrung und ein tolles Erlebnis. Der Elefantin schien es auch sichtlich zu gefallen. Zwischendurch hatte sie beide Hinterbeine ganz entspannt überkreuz gestellt.
Nach dem Schrubben und Waschvorgang sind wir noch ein Stück mit ihr durch die Gegend gegangen. Die Stunden vergingen schnell. Diese Art des Kontaktes mit den Elefanten klingt zwar auch wie extra für Touristen gemacht und ja, ist es auch. Aber das sehe ich positiv: Die Elefanten mögen die Beschäftigung und werden dabei gut behandelt. Und die Firma kann dadurch nicht nur den Elefanten Unterkunft und Futter bieten, sondern auch den Angestellten zu einer guten Beschäftigung und Lohn verhelfen. Aus meiner Sicht ist das eine sehr gute Alternative.
Om brachte uns zurück zum Hotel und dann verabschiedeten wir uns voneinander. Das war ein denkwürdiger Moment. Er war uns in den gemeinsam verbrachten Wochen ans Herz gewachsen. Bevor er seine fünfstündige Rückreise nach Delhi antrat, organisierte er uns allerdings noch einen Tisch in einem guten Restaurant. Den Weg dorthin fanden wir alleine. Entgegen seiner Empfehlung sind wir allerdings quer durch die kleinen Gassen gegangen, als Abkürzung. Wenn wir nicht gewusst hätten, dass dort ein Restaurant, das „Dogla – The Rooftop“ ist, hätten wir es nicht gefunden. Von der Straßenseite aus war es nicht zu erkennen oder beworben. Es wartete unten allerdings schon ein Mitarbeiter auf uns und brachte uns ganz nach oben. Dort hatten wir einen schönen abendlichen Ausblick. Das Essen war ebenfalls sehr gut.
Zurück sind wir wieder alleine und zu Fuß durch das abendliche Jaipur marschiert. Diesmal allerdings außen herum. Als wir an einem großen Müllplatz vorbeikamen, sahen wir aus den Augenwinkeln die Ratten umherhuschen. Ein Einheimischer in der Nähe bemerkte das auch und scherzte: „That is not India, India is clean.“ Es könnte auch „Jaipur“ geheißen haben. So genau weiß ich das tatsächlich nicht mehr.
Für den nächsten Tag hatte sich der französische Präsident Macron in Jaipur angekündigt. Alle Sehenswürdigkeiten Jaipurs waren daher geschlossen. Nun, wir waren da schon weg. Was für ein Timing!
Pushkar
Nach dem Frühstück wurden wir mit einem Hotelfahrer zum Bahnhof von Jaipur gebracht. Dort mussten wir uns erst einmal orientieren. Wir suchten den Bahnsteig für den Ranikhet Express. Das klappte so weit. Dann mussten wir noch herausfinden, wo unser Abteil war. Wagen A2. Also die zweithöchste Klasse. Die Tickets hatte unsere Reiseagentur India Someday für uns gebucht. Ausgewiesen hatten wir uns mit dem Ticketausdruck und unseren Pässen. Wo welche Wagenklasse auf dem Bahnhof hält, wurde übrigens mit LED-Anzeigen angezeigt. Also alles viel einfacher als gedacht.
Aber bis der Zug einfuhr, dauerte es ewig. Der Zug davor fuhr schon verspätet ab. Daher konnten wir sehr gut beobachten, wie große Pakete von Holzkarren in den Warenwaggon verstaut wurden. Die Jungs arbeiteten hart und schnell, aber es waren eine Menge an Paketen zu verstauen. Das kostete Zeit. Und wir hatten dann auch eine Stunde Verspätung bis zu Abfahrt. Fritz hatte sich derweil irgendwo auf dem Bahnsteig seine Hose beschmiert, mit so einem ekligen braunen Gemisch aus ausgespuckten Betelnüssen, die dort intensiv gekaut werden. Das hatte er dann mit etwas Papier abgewischt. Der braune Fleck blieb allerdings.
Die Fahrt dauerte zwei Stunden und mit einer Stunde Verspätung kamen wir in Ajmer an. Die Fenster waren teilweise vergittert, aber auf jeden Fall verstaubt. Von der Landschaft sah man daher nicht sehr viel. Das war eine gute Gelegenheit, einfach zu schlafen. Der Zug lief ruhig und ohne die Schwellenhopser, die man sonst so in Erinnerung hatte. Es hingen auch keine Leute in den Türen oder ähnliches, wie man das schon im Film gesehen hat. Nein das gab es hier nicht.
Ein Fahrer holte uns vom Bahnhof in Ajmer ab und brachte uns zum Hotel „Inn seventh heaven“ nach Pushkar. Die Fahrt dauerte noch einmal eine gute halbe Stunde durch das etwas gebirgige Gelände. Das Hotel war ein 100 Jahre altes Gebäude, über mehrere Etagen verlaufend und hatte ein Restaurant, the six sense, ganz oben. Ein Flaschenzug beförderte die Utensilien für das Restaurant nach oben.
Endlich wurde es wärmer. Die Sonne begrüßte uns. Pushkar selbst ist ein Pilgerort und auch für Touristen attraktiv. Außerdem leben dort reichlich Aussteiger aus der ganzen Welt.
Der künstlich angelegte Pushkar-See ist fast so heilig wie der Ganges. Teile der Asche von Gandhi wurden angeblich im See verstreut. Als wir dort hinunter wollten, wurden wir mehr oder weniger frostig zurückbeordert. Die Gläubigen und Pilger kommen hierher, um sich an den Ghats zu reinigen und die Sünden abzuwaschen.
Wir sagten freundlich „Danke“ und sind weiter durch den Ort gegangen.
In Pushkar gab es endlich Taschentücher, die "Superstarken". Wir wanderten einmal um den See herum. Auf etwa halber Strecke setzten wir uns und tranken einen Masala-Tee. Von dort aus konnten wir auch gut die Ghats am anderen Ufer sehen. Unser Weg führte uns über die kleine Brücke zurück in die Stadt.
Nach dem Abendessen sind wir relativ früh schlafen gegangen. Um 2.00 Uhr in der Nacht verursachten die Hunde einen Großalarm. Gefühlt alle Hunde des Ortes heulten und bellten eine Ewigkeit.
Um 5.00 Uhr wurde ich dann wieder geweckt. Durch meinen Körper, der den dringenden Zwang verspürte, auf die Toilette zu müssen. Das hatte mir noch gefehlt...
Unterwegs in Pushkar - Fotos Thorsten Klook
Chandelao und Jodhpur
Mit dem Frühstück war ich vorsichtig. Mein Darm rumpelte noch ordentlich. Für die Fahrt dopte ich mich mit entsprechenden Tabletten aus der Reiseapotheke.
Wir checkten aus und gingen vor das Hoteltor. Kein Auto zu sehen. Aber kurz darauf kam ein cooler Typ mit Sonnenbrille um die Ecke. Das Hotelpersonal bestand unbedingt darauf, unsere Taschen zu tragen, denn das Auto stand etwas weiter weg. Sie schleppten sich gleich mit zwei oder drei unserer Koffer ab. Was macht man da taktisch, ohne beleidigend oder unhöflich zu wirken? Und das ging dann zumindest bei einer Tasche nicht so gut aus. Sie wurde so über den Boden geschliffen, dass ein Loch entstand. Wir flickten das später mit "Panzerband".
Unser neuer Fahrer hieß Rathan Singh und gehörte zur Kaste der Sikh, der Kriegerkaste. Er erzählte uns das auf der Fahrt nach Chandelao. Das Militär biete gute Verdienstmöglichkeiten und sei daher beliebt. Die Aufnahmeprüfungen seien daher sehr streng. Kleinste Gesundheitsprobleme sorgten dafür, dass man eben nicht genommen würde. Und dann sucht man sich einen anderen Job.
Auch Rathan brachte uns sicher durch den indischen Straßenverkehr nach Chandelao.
Chandelao ist ein kleines Dorf mit maximal 3000 Einwohnern. So genau weiß man das nicht. Ich vermute, die 3000 Menschen umfassen mehr als nur das eine Dorf, durch das man uns am späten Nachmittag führte. Zuvor jedoch checkten wir ein und bekamen wieder einen Kranz umgehängt, diesmal allerdings aus Kunststoff. Das Hotel Chandelao Garh, war ein altes „Fort“. Wir würden Gutshaus dazu sagen. Wachhund und „Schwimmmeister“ war Caru, ein in Indien geborener deutscher Schäferhund. Er passte am Pool auf und auch sonst war das sein Gelände. Seine Lieblingsbeschäftigung war Ball spielen. Der Manager des Gutshofes lernte tagsüber neue Sprachen am Mobiltelefon.
Bei unserem Rundgang durch das Dorf wurden wir von den Kindern fröhlich begrüßt und überall wurden Fotos mit ihnen gemacht. Wir wurden freundlich eingeladen, mit in ihre Wohnhäuser zu kommen. So bekamen wir gute Einblicke vom Dorfleben. Durch das Hotel und die Touristen hat es das Dorf zu einem gewissen Wohlstand gebracht. Es sah jedenfalls recht gepflegt aus. Natürlich lebten Mensch und Tier dicht an dicht und man musste weiterhin aufpassen, wo man hintritt. Das Dorf hatte auch einen kleinen See – oder großen Teich – wie man möchte. Der Sonnenuntergang war schön anzusehen. Ein Ziegenhirte kam uns mit seiner Herde entgegen.
Am Abend gab es Abendessen am Pool mit Feuerschale, wegen der Kälte. Ein kleines Büfett wurde aufgebaut. Ich aß die Tomatensuppe und etwas Reis – Schonkost war mir immer noch am sichersten, obwohl das Essen sehr gut roch. Sobald die Sonne weg war, wurde es sofort kühl. Außerdem hatten wir in unserem Zimmer kein warmes Wasser. Kalt duschen hatte ich lange nicht mehr gemacht. Na ja, half ja nichts.
Dorfleben in Chandelao - Fotos Thorsten Klook
Blau gegen Moskitos
Zweimal musste ich in der Nacht noch raus. Also blieb es auch zum Frühstück bei Schonkost und "Doping" für den anstehenden Tagesausflug nach Jodhpur.
Chandelao liegt nur 40 km von Jodhpur entfernt. Rathan kam aus der Gegend von Jodhpur und kannte sich dort bestens aus. Auf der Fahrt machte er einen kurzen Stop und lud uns zu einem Masala-Tee an einem der Straßengeschäfte ein. Der Tee war wirklich sehr gut.
Jodhpur war einst die Hauptstadt des Rajputen- und späteren Fürstenstaates Marwar und ist nach Jaipur die zweitgrößte Stadt Rajasthans. Jodhpur ist wegen der Farbe seiner Häuser auch bekannt als die "Blaue Stadt". Traditionell kennzeichnete die Farbe Blau die Zugehörigkeit der Bewohner zur Kaste der Brahmanen, der Priester, allerdings haben heute auch viele Nicht-Brahmanen diesen Brauch übernommen. Man sagt der Farbe nach, dass sie ein effektives Mittel zur Abwehr von Moskitos sei. Ob das so stimmt...?
Wir besuchten zunächst Jaswant Thada, das "Taj Mahal" von Marwar, prachtvoll mit weißem Marmor verkleidet. Errichtet wurde es von 1899 bis 1906 von Sardar Singh zum Gedenken an seinen Vater, Maharadscha Jaswant Singh II. Das ganze Gelände war eine gepflegte Anlage. Als Steffen auf einen der größeren Felsen am See klettern wollte, wurde er sofort zurückgepfiffen. Das Aufsichtspersonal passte auf.
Nicht weit vom Jaswant Thada entfernt war die Meherangarh Festung. Sie befindet sich auf einer Höhe von 123 Metern auf einem Felsen, umgeben von einer langen Mauer. Die Festung ist immer noch im Besitz der Familie und enthält ein mit Möbeln ausgestattetes Museum. Sehenswert auf jeden Fall. Wir verbrachten einige Stunden dort und konnten Dank des Audioguides auf Deutsch einiges interessantes mitbekommen. Letztlich konnte man sich aber die ganzen Herrscher Marwars überhaupt nicht merken. Leider reichte dafür der "Festplattenspeicher" einfach nicht.
Auf dem Weg zum Umaid Bhavan Palast hielten wir an einem Laden. Rathan meinte, wir sollten uns das wenigstens anschauen und dann entscheiden. Es gab jede Menge "Stehrumchen" und "Staubeinchen". Natürlich waren wirklich schöne Sachen dabei. Die drei Mitarbeiter gaben sich die größte Mühe, uns ihre tollen Stoffe zu zeigen und zu verkaufen. Das war gute Qualität, aber wir waren die falsche Klientel.
Die nächste Station war der Umaid Bhavan Palast. Der Grundstein für diesen Palast wurde erst 1929 gelegt und 14 Jahre später, also 1943, war er fertig. Er enthält heute ein Museum und ein Hotel und einen Bereich, den die Familie immer noch bewohnt. Wir besuchten das Museum und genossen ein wenig die Sonne auf dem Außengelände, welches gut besucht war. Ein paar alte Autos der Familie waren auch hinter Glas ausgestellt. Allerdings spiegelte das Schutzglas so sehr, dass Fotos sinnlos waren.
Wir bemerkten, dass in Jodhpur viel Militär zu sehen war. Jodhpur liegt in relativer Nähe zu Pakistan. Das ist wohl der Hauptgrund. Die beiden Staaten haben ja durchaus so ihre Grenzbefindlichkeiten. Indien und Pakistan entstanden durch die Teilung Indiens, wobei es zu Massenvertreibungen und Territorialkonflikten kam. Die beiden Länder führten seitdem vier Kriege gegeneinander. Der letzte war 1999. Das überwiegend muslimische Pakistan und mehrheitlich hinduistische Indien sind daher nicht unbedingt in inniger Freundschaft miteinander verbunden.
Jodhpur - Fotos Thorsten Klook
Am Nachmittag ging es dann zurück nach Chandelao und noch ein wenig an den Pool und in die Sonne. Immer wenn ich mich gerade ein wenig auf der Pool-Liege ausruhen wollte, hatte mein Darm etwas dagegen. So wanderte ich zwischen Liegestuhl und Zimmer mehrfach hin und her.
Am Abend, zum Büfett, gab es bei mir dann schon Reis mit etwas mehr Soße.
Der Abend war relativ mild, sodass wir uns draußen hinsetzten und Karten spielten. Irgendwann kam dann Carus Herrchen und baute seine Matratze auf, um schlafen zu gehen. Draußen! Und Caru wachte daneben. Als wir das bemerkten, packten wir ein und wollten ebenfalls gehen. Das ließ nun wiederum der freundliche Wachmann nicht zu. Er kam zu uns und meinte, wir sollen weiter machen. Es störe ihn nicht. Wir spielten noch zwei schnelle Runden. Damit hatten alle ihr Gesicht gewahrt. Und dann ging es ab ins Bett.
Chittorgarh
Nach dem Frühstück startete Rathan mit uns um 9.00 Uhr nach Chittorgarh. Anstatt der geplanten 7 Stunden, benötigte er für die Strecke nur 4 Stunden. Unterwegs telefonierte er mit einer für uns unbekannten Person und fuhr nicht die direkte Strecke, sondern durch eine teilweise gebirgige Gegend. Ich denke, er umfuhr damit Staustrecken.
Als wir Chittorghar erreichten, fragte uns Rathan, ob wir was essen oder trinken möchten. Wir verneinten, weil wir noch keinen Durst oder Hunger verspürten. Er meinte, das sei schlecht für ihn. Da wir das Problem dahinter nicht sofort realisierten, musste er noch einmal wiederholen. Folgender Sachverhalt erschloss sich uns dann: Er benötigte noch ein Bett, eine Bleibe für die Nacht. Unser Hotel in Chittorgarh hatte keine Fahrerräume. So fuhren wir zu einem anderen Hotel mit Restaurant und tranken dort etwas. Rathan konnte dadurch ein Bett für sich organisieren. Das Hotel war zu Fuß nur 5 Minuten von unserem Hotel entfernt. Wir schnappten also unsere Sachen aus dem Auto und liefen zum familiengeführten Hotel Padmini Haveli. Das Hotel lag direkt im Fort, sodass wir nach kurzer Verschnaufpause gleich losliefen, um die Highlights des Forts kennenzulernen. Also gut zu wissen: Die Fahrer müssen sich um ihre Unterkunft kümmern! Das am Ende der Reise gegebene Trinkgeld ist damit auf jeden Fall gut angelegt.
Chittorgarh ist eine Stadt im indischen Bundesstaat Rajasthan und hat etwa 120.000 Einwohner. Durch die erbarmungslosen Kämpfe um die Stadt ist das Fort letztlich eine Ruinenstätte geworden. Dreimal wurde die Festung erobert: 1303 von Alaud-Din Khalji, dem Pathanen-König von Delhi, der die schöne Padmini, Gemahlin des Bhim Singh begehrte. Es geht und ging somit nicht immer nur um Macht und Geld, sondern auch um Frauen. Als der Fall der Festung nicht mehr abzuwehren war, versammelten sich alle Frauen zusammen mit Padmini in einer unterirdischen Höhle und stürzten sich in die entzündeten Flammen. Die Männer stürzten sich in einen aussichtslosen Kampf. Nach zehn Jahren konnte die muslimische Besatzung wieder vertrieben werden. 1535 erschien Bahadur Shah, der Sultan von Gujarat, vor der Festung. Wieder fiel die Festung. Wieder verbrannten sich die Frauen. Und auch die Männer starben im Kampf. Über 32.000 Krieger sollen gefallen sein. 1567, als Akbar erneut die Mauern von Chittorgarh stürmte, wiederholte sich der Feuertod der Frauen und das Schicksal der Männer erneut. Mit der Verlegung der Hauptstadt von Chittorgarh nach Udaipur endete die traurige Geschichte Chittorgarhs.
Wenn man das weiß, kann man auch erahnen, warum in Chittorgarh nur relativ wenig erhalten wurde. Kaum ein Stein stand und steht noch auf dem anderen. Die vielen Zimmer der Paläste in der Festung kann man erahnen, wenn man, wie wir zuvor, schon andere Paläste gesehen hatte. Geblieben ist der Siegesturm Rana Kumbhas Vijaya Stambha (15. Jh.), der neungeschossige Turm hat eine Höhe von etwa 37 m. Die Außen- und Innenwände sind mit Figurenreliefs aus der Hindu-Mythologie versehen. Dann gibt es noch den sechsgeschossigen 22 m hohen Turm zu Ehren des ersten Jaina-Tirthankaras Adinath.
Auf dem weiträumigen Gelände wurden wir regelmäßig angesprochen und gebeten, ein gemeinsames Foto zu machen. Natürlich machten wir mit und ließen uns ablichten. Es war Wochenende und ordentlich was los, sodass wir doch relativ häufig stoppen mussten. Insbesondere unser Größter in der Runde war ein begehrtes Fotomodell.
Auch zu sehen waren jede Menge Affen und Hunderudel. Dabei schienen die Affen sich manchmal auch um Hundewelpen zu kümmern, nur um sie einen Moment später wegzuschubsen.
Chittorgarh - Fotos Thorsten Klook
Wir durchstreiften die Gegend, bis die Sonne sich langsam neigte. Abendessen gab es im Hotel. Der Hausherr war ein humorvoller Typ und sehr freundlicher Gastgeber, immer mit einem Scherz auf den Lippen. So sollten wir uns keine Sorgen machen, er würde nicht kochen. Das erledigen seine Frauen, also Großmutter, Mutter, Frau, Töchter und Schwiegertöchter. Er erklärte uns den Unterschied zwischen Naan und Rooti. Eigentlich gibt es keinen, außer, dass Naan auf einem Grill zubereitet wird und Rooti in der Pfanne. Weiterhin erzählte er uns, dass das erste Brot immer die (heilige) Kuh bekommt. Dann folgen die Großmutter, Mutter, Frau und der Rest der Familie. Zuletzt bekommt der Hund seine Verpflegung. Das ist bei uns zu Hause schon mal komplett andersherum. ;-)
Dort, wo wir unser Abendessen einnahmen, spielten wir auch Karten. Ganz nebenbei konnten wir die Familie beobachten, wie sie die gesamte Nachbereitung, also Abwasch usw. auch noch erledigte. Im Raum stand eine Feuerschale. Ein kleiner Junge mit Spielzeugauto näherte sich der Schale. Da stellten sich mir schon die Nackenhaare auf und ich bereitete mich auf meinen Einsatz vor. Aber das war nicht nötig. Obwohl sich die Familienmitglieder überhaupt nicht rührten, drehte der Junge instinktiv von der heißen Schale ab. Vermutlich kannte er das schon und war gewarnt.
Udaipur
Schon vor 6.00 Uhr weckte ein Muezzin uns mit seinem Gesang. Dieses Mal ohne Lautsprecher. Er ging einfach durch die Straßen und sang mit kräftiger Stimme. Nachdem sein Gesang in der Ferne verstummt war, setzte erneut Musik ein. Im Dauerrhythmus hörte man Trommeln und Klingel. An Schlafen war nicht mehr zu denken. Aber das Darmproblem war endlich weg! Das lag vermutlich an der dünnen Decke. Man konnte sich nur auf eine Sache konzentrieren. Entweder Kälte oder... ;-)
Um 9.30 Uhr, gleich nach dem guten Frühstück, war Abfahrt nach Udaipur auf dem Tourenplan. Wieder checkten wir aus und nahmen unsere Plätze im Auto ein. Übrigens hatten wir die Plätze rotierend gewechselt. So hatte jeder mal vorne, links, rechts und ganz hinten gesessen.
Nach zwei Stunden Fahrt setzte uns Rathan quasi auf die Straße. Sein Service war damit erledigt. Wir verabschiedeten uns, nahmen unsere Koffer, zückten die Mobiltelefone und fanden das Hotel „Neem Tree“ auch alleine. Der Name des Hotels kommt vom Neem Baum, ein Mahagoni-Gewächs. Die Blätter und ich glaube auch die Rinde, werden für alle möglichen Heilprodukte benutzt. Das Zeug ist ein Alleskönner. So ein schöner alter Neem-Baum stand im Hof des Hotels.
Die Besitzerin des Hotels, Helena, war Europäerin und mit einem indischen Juwelier verheiratet. Sie hatte ihr Hotel sehr gut im Griff. Alles war sehr sauber. Und wir hatten endlich wieder warmes Wasser. Das nutzte ich sofort für eine Dusche. Außerdem konnte man in Udaipur Taschentücher kaufen. Ein paar benötigte ich dann doch noch. Ich wollte mich nicht auf das Toilettenpapier verlassen.
Nach einer kurzen Siesta erkundeten wir Udaipur ein wenig. An einem Winestore wurde Bier besorgt. Wir erfuhren, dass am nächsten Tag der Laden geschlossen wäre. Das war der Todestag von Gandhi. Alkoholausschank und -Verkauf sind an diesem Tag verboten. Das bekamen zwei deutschsprachige Herren daneben auch mit. Es wurde also etwas mehr gekauft.
Udaipur hat knapp eine halbe Million Einwohner und ist Touristenstadt. Wir trafen naturgemäß viele Briten. Es gibt also überall kleine Geschäfte und ein geschäftiges Treiben, mit dem üblichen Verkehr. Die Straßen sind nicht so breit. Wir marschierten zum Pichola-See und machten die ersten Fotos. Natürlich wurden wir wieder angesprochen. Ein relativ junger Mann erzählte uns dann seine Geschichte und wir erfuhren, dass er ein Textil- und Stoffe- Geschäft hat. Und er hatte, zumindest teilweise, die Kostüme für die Schauspieler aus "Best Exotic Marigold Hotel" eingekleidet. Das wollte er uns dann auch zeigen. Tatsächlich hatte er ein Fotoalbum mit den Schauspielern in seinem Laden. Natürlich wollte er uns auch etwas verkaufen. Man hätte sich einen maßgeschneiderten Anzug machen lassen können. Fertig innerhalb von 24 Stunden für etwa 100 Euro. Ein super Preis.
Weil wir schon bei Filmen sind: Der James-Bond-Film Octopussy von 1983, mit Roger Moore, wurde auch in Udaipur gedreht. Viele Szenen wurden im Lake Palace Hotel, das sich mitten auf dem See befindet, gemacht.
Wir genossen den Tag und die Sonne. Abendessen gab es im Charcoal. Ein richtig leckerer Spieß mit Gemüse und Hühnchen. Das Rooftop-Restaurant bot einen wunderbaren Ausblick auf das abendlich beleuchtete Udaipur.
Unmittelbar nachdem wir im Bett waren, jammerten und bellten die Straßenhunde wieder. Das ging auch gefühlt die ganze Nacht hindurch. Irgendwann muss ich allerdings doch eingeschlafen sein. Fritz hatte mir seine chinesischen Wundertropfen gegeben, was auch den restlichen Schnupfen weiter zurück drängte.
Udaipur - Fotos Thorsten Klook
Endlich Sonne
Frühstück gab es am Pool mit Toast, Marmelade, Honig, Obst. Der Kaffee war immer noch nicht besser. Egal.
Den ganzen Tag verbrachten wir wieder mit Sightseeing. Ohne Reiseleitung. Inzwischen waren wir "Profis". Wir holten unsere Eintrittskarten für den Stadtpalast und besorgten uns elektronische Guides, in deutscher Sprache. Das war nicht so einfach. Am Haupteingang holte man sich zunächst die Eintrittskarten. Audioguides gab es dort aber noch nicht. Also sind wir zum nächsten Eingang im Palastbereich gegangen und fanden dort auch die Ausgabe für die kleinen elektronischen Geräte. Dort wollte man allerdings ein Audio-Guide-Ticket haben. Das hatten wir nicht. Man sagte uns, dass man das am Eingang kaufen muss. Soso!? Wir sind also wieder ein Stück zurückgegangen und hatten gesehen, dass es noch einen zweiten Eingang, von uns aus gesehen auf der rechten Seite gab. Dort gab es dann auch die Audio-Guide-Tickets. Soweit so gut. Wieder zurück. Nun wollte man von uns noch ein Pfand haben, Ausweis, Pass o.ä. Das hatten wir nicht, bzw. wollten wir nicht aus den Händen geben. Dann hieß es 2000 Rupien. Pro Gerät. Also nahm ich meine Rupien aus der Tasche und zählte ihr 8000 Rupien auf den Tisch. Das ist enorm viel Geld für indische Verhältnisse, und sie winkte schnell ab. Es blieb dann bei 2000 Rupien für alle.
Die Tour durch den Royal-Palace dauerte bestimmt zwei Stunden. Wir ließen uns viel Zeit. Es waren wieder zahlreiche Ausstellungsstücke zu sehen. Besonders hübsch war der Pfauenhof, der mit zahlreichen wunderschönen Reliefs ausgestattet war. Der Pfau gilt als Nationalsymbol Indiens und steht für Tanz und Musik.
Als wir dann unsere Audioguides wieder abgaben, konnte man sich sehr gut an uns erinnern. Alles klappte problemlos.
Wir bummelten ein wenig durch die kleinen Shops der Stadt. Anschließend wanderten wir zum Bootsanleger. Dazu mussten wir einmal komplett außen um das ganze Palastgelände herum. Aber kein Problem, die Sonne schien. Von der Bootstour habe ich dann allerdings nichts mitbekommen. Ich wurde so in ein Gespräch verwickelt, dass ich nach der 40-Minuten-Bootstour nichts vom See und dem Drehort von Octopussy gesehen habe. Dafür hatte ich dann neue Instagram-Follower :-)
Nach der Bootstour ging es weiter den Berg hinauf. Mit der Seilbahn. Oben hatten wir einen schönen Rundblick über die gesamte Stadt. Den Weg hinunter ging es zu Fuß, durch einen kleinen Park.
Am Abend sind wir wieder essen gegangen. Da es der Todestag von Mahatma Gandhi war, gab es, wie schon beschrieben, offiziell keinen Alkohol, auch nicht in den Gaststätten. Wir bekamen unser Bier trotzdem, bereits abgefüllt in Plastikbechern...
Übrigens bin ich an diesem Abend einmal unachtsam gewesen und hatte nicht auf den Boden geschaut und schwups war ich in einen frischen KxxxHaufen gelatscht. Das war wirklich unangenehm. Dabei hatte ich noch Glück. Der war so rutschig, dass ich mich gerade noch halten konnte. Und gespritzt hatte es auch. Genau richtig, um wieder Herpes zu bekommen. Also war bei Ankunft im Hotel erst einmal waschen und putzen dran.
Udaipur - Fotos Thorsten Klook
Müllabfuhr mit Jingle
In Deutschland wurde mal wieder an den Flughäfen gestreikt. Es war also alles andere als sicher, ob bei unserer Ankunft alles planmäßig laufen würde.
Nach dem Frühstück fuhren wir mit dem Tuk-Tuk zum Bahnhof von Udaipur. Unsere Eisenbahn-Fans hatten ihre Fotos gemacht und auch der Rest hat sich mitreißen lassen. Die Sonne schien und der Bahnhof wurde gerade mit einem Wasserschlauch sauber gesprüht. Überhaupt erschien dieser Bahnhof sehr ordentlich und aufgeräumt. Es war wenig Müll zu sehen. Wir sahen die großen Bündel mit Bettwäsche, die aus den Fernzügen eingesammelt wurden. Die Hunde lagen in der Sonne, unmittelbar vor der Lok und schienen schwerhörig zu sein.
Wir empfanden Udaipur ohnehin als sauberste Stadt, die wir auf unserer Reise gesehen hatten. Das bedeutet nicht, dass es nicht auch viele schmutzige Ecken gab. Aber Udaipur besitzt sogar eine eigene Müllabfuhr. Das hatten wir sonst nur noch in Jaipur gesehen. Und diese Müllabfuhr in Udaipur hatte einen eigenen Jingle: "Guten Morgen Udaipur, hier kommt die Müllabfuhr ..." oder so ähnlich klingt es durch die Straßen. Das kleine Fahrzeug machte einen ordentlichen Lärm.
Am Nachmittag genossen wir einfach nur die Sonne und machten nichts. Das musste auch mal sein.
Das Abendessen gab es wieder im auserkorenen Lieblingsrestaurant. Außerdem kümmerten wir uns schon um die Check-Ins für den Rückflug mit Emirates. India Someday schickte uns auch schon die Check-Ins für den Inlandflug am nächsten Tag, sodass alles perfekt vorbereitet wurde.
Am Abend spielten wir Doppelkopf und kein Skat. Das war neu.
Abschied
Das Wecken erfolgte, wie bereits die Tage zuvor, durch die kraftvolle Tempelmusik. Danach folgten die Hunde mit ihrem Geheul, dann die Tauben vor den Fenstern und natürlich der Straßenlärm. Nach dem Frühstück sind wir zum nahe gelegenen Jagdish-Tempel gegangen, wo auch die allmorgendliche Weckmusik herkam. Anschließend bummelten wir noch ein wenig durch die Stadt. Dann hieß es Koffer packen.
Der Fahrer holte uns am Nachmittag um 15.30 Uhr ab. Der Flughafen in Udaipur ist ein Regionalflughafen und damit kein internationaler Umschlagpunkt. Also war es relativ entspannt. Der Flug von Udaipur nach Delhi hob mit 45 Minuten Verspätung ab. Im Flugzeug sollte es eigentlich noch etwas zu Essen geben. Zwei von uns wurden auch beköstigt und zwei von uns hatte man offensichtlich vergessen. Wir kamen spät im Hotel „Smart Plaza“ in Delhi an und das war auch ganz gut so. Das Hotel hatte mit Sicherheit schon bessere Zeiten gesehen. Dafür war es in unmittelbarer Nähe des Flughafens.
Nach wenigen Stunden klingelte uns der Weckdienst des Hotels wach. Das Frühstück war fertig. Man stellte uns die unbehandelte Toastbrot-Tüte auf den Tisch, aber kein Toaster war in der Nähe. Egal. Es ging auch so.
In Delhi herrschte wieder oder immer noch starker Nebel. Die Kälte hatte uns wieder. Der Fahrer brachte uns in etwas mehr als 20 Minuten zum Flughafen. Wir passierten den Sicherheitscheck und dann hieß es wieder warten. Wir versuchten noch einen Masala-Tee. Das hätten wir lieber gelassen, denn er konnte geschmacklich in keinster Weise mit dem an den Straßen ausgeschenkten Tees mithalten. Vom Preis-Leistungs-Verhältnis reden wir mal lieber nicht.
Der Flug nach Dubai hatte gut eine Stunde Verspätung. Aber der Service von Emirates war großartig und ich schlief noch ein wenig. In Dubai eilten wir zum Anschlussflug im Laufschritt. Wieder mussten wir durch den Sicherheitscheck. Als wir dann am Gate ankamen, begann gerade das Boarding. Das hatte den Vorteil, dass wir nicht noch lange herumsitzen und warten mussten.
Der Flug verging gefühlt ziemlich schnell. Wieder wurden wir von Emirates gut verpflegt und ich schaute zwei Blockbuster am Stück. Dann waren wir schon in Hamburg. Dort mussten wir noch eine Weile auf das Gepäck warten. Aber immerhin: Trotz des Streiks am Vortag kam alles an. Das im Parkhaus geparkte Auto stand immer noch am alten Platz.
Unglaubliches Indien
Die Lautstärke, die Gerüche, die persönlichen Kontakte, das Straßenleben, die Natur und Architektur, die Tierwelt, das geschmackvolle Essen, die Gastfreundschaft, die Neugierde, der Stolz, die Religiosität, die Zufriedenheit, die Traurigkeit und Freude, die Rivalität und Freundschaft und noch viel mehr, muss man selbst erleben.
Ein Buch oder Artikel zu lesen sind die eine Seite. Es sind aber die persönlichen Erfahrungen, die solch eine Reise unvergesslich werden lassen.
Die fast drei Wochen in Indien haben uns auch "geerdet". Die Unterschiede zwischen Europa und Indien hatten wir hautnah zu spüren bekommen. Dieser Kontrast zwischen der Hochtechnologie einerseits und dem Leben auf der Straße andererseits sind sehr krass. Die unterschiedlichen Religionen bestimmen das Leben und die Lebensregeln der Menschen. Wer es sich also erlauben möchte, ein Urteil über das Leben und die Lebensweise der Menschen abzugeben, sollte dort gewesen sein.
Unsere kleine Reisegruppe passte perfekt zusammen, ein gut eingespieltes Team. Das ist der Vorteil, wenn man in einer übersichtlichen Gruppe reist und sich die Tour selbst organisiert oder organisieren lässt. Uns Hilfe für die Planung der Nordindien-Tour zu suchen, war genau die richtige Entscheidung gewesen. Und mit India Someday hatten wir einen perfekten Organisator im Hintergrund. Das Team war jederzeit, gefühlt rund um die Uhr, erreichbar. Alles lief transparent, korrekt und problemlos ab. Die ausgesuchten Hotels waren, bis auf eine Ausnahme, absolut zu empfehlen. Ohne unsere ortskundigen Fahrer wären wir dem indischen Verkehr hilflos ausgeliefert gewesen. Ein besonderer Dank geht an Om. Er umsorgte uns auch noch mit Wasser und Naschereien auf den langen Touren. Ein weiteres Dankeschön geht an alle Reiseleiter, die sich redlich bemühten, uns die umfangreiche indische Geschichte, eine der ältesten Kulturen der Welt, in wenigen Stunden zu vermitteln.
Das wirklich einzige kleine Manko dieser Tour: Wir hatten die Bestellung des richtigen Wetters vergessen! Das muss mit auf die Checkliste :-)
*Namen geändert
Und hier kommen noch ein paar Tipps für eine Reiseplanung nach Indien.