Der Ozean lässt dich jede Frage vergessen...
Im Mai 1988 ging es wieder an Bord. Gerade hatte ich den Grundwehrdienst geschafft und das zweite Schiff meiner jungen Laufbahn hieß MS "Fleesensee". Für die eingeweihten Kenner der Materie: Ein Schiff vom Typ Poseidon und bereits mit Bordkränen ausgestattet.
Es gab zwei Überraschungen: Zum einen ging es wieder nach Afrika, diesmal einmal rundherum und somit auch über den Äquator. Und zum anderen durfte ich als E-Mix fahren, also als Bordelektriker. Das war eine Herausforderung. Aber mein neuer Chef auf Zeit, der E-Ing., war ein "alter Hase" und eine Seele von Mensch. Wir verstanden uns sofort.

Am 23. Mai verließen wir den Rostocker Hafen. Diesmal stand ich oben auf dem Peildeck im schwarzen Arbeits-Overall und winkte meinen Daheimgebliebenen, die in Warnemünde auf der Mole standen, zu. Wir nahmen Kurs auf den Nordostseekanal (NOK).
Der Maschinenraum war nun überwiegend mein neuer Arbeitsplatz, und die ersten Stunden musste ich mich erst einmal wieder zurechtfinden. Der Job bestand darin, die durch die Vibrationen des Schiffes ständig ausfallenden Glühlampen, regelmäßig zu erneuern. Das konnte sogar ich...
Nach, wie ich fand, verdammt kurzer Zeit, begann schon ein Stampfen und Rasseln und emsiges Treiben im Maschinenraum. Wir waren auf Manöverfahrt und kurz vor den Schleusen. Die Zeit verging wie im Fluge. Eine Fahrt durch den NOK in der Nacht war und ist besonders. Man sah die Lichter der Schiffe, die, wie an einer Kette aufgezogen, hintereinander den Kanal durchfuhren.
Morgens wurde man von einer freundlichen Stimme geweckt: "Sieben Uhr, zum Frühstück gibt es Rührei mit Schinken." Mittlerweile waren wir bereits auf der Elbe und auf dem Weg nach Hamburg. Mit 50 DM in der Tasche - Lohn und Vorschuss für 10 See-Tage - betrat ich also erneut den Hamburger Boden. Man muss dazu sicherlich erklären, dass DDR-Bürger normalerweise keine DM hatten. Unsere Währung war die Mark, ohne D. Und mit der konnte man im Ausland nun einmal nichts bezahlen. Seeleute bekamen für jeden Tag auf See einen gewissen Betrag in DM. Das hing von der Qualifikation und dem Rang ab.
Der Bummel durch Hamburg war zwar schön, aber für mich stand fest, dass ich da nicht wohnen möchte. Nun, das war ein Irrtum, denn das Leben hatte noch andere Dinge mit mir vor. Aber das wusste ich ja damals noch nicht.
Wieder an Bord angekommen, wartete schon ein Tropenmediziner auf mich. Mir fehlten wohl noch ein paar Impfungen. Gnadenlos rammte der Herr in Weiß die Spritzen in meinen Oberarm.
Am späten Abend legten wir schon wieder ab und weiter ging es über Antwerpen nach Barcelona. Inzwischen hatte ich mich mit den Maschinisten und der Decks-Crew angefreundet, und wir unternahmen die Landausflüge in kleinen Gruppen.
Nachdem wir noch den ganzen Tag gearbeitet hatten und ein Maschinen-Assi (Abkürzung für Assistent) für mich den Kinoabend übernommen hatte, konnten wir von Bord.
Das mit dem Kino gehörte auch zu den Aufgaben eines Mixers. Damals gab es keine Streamingdienste. Es gab kein Internet. Es gab noch nicht einmal DVDs oder solche Zauberdinge. Nein, früher gab es die Filme auf Bandrollen. Je nach Filmlänge konnten das auch schon einmal zwei solcher Rollen sein.
Diese Rolle und eine Leerrolle kamen in die Vorführmaschine. Diese rasselte und klapperte so laut, dass sie deshalb extra in einem kleinen fensterlosen Raum untergebracht war. Durch ein Vorführfenster wurde dann der Film an einer Leinwand an die "Wand geworfen". Das gleiche Prinzip wie im alten Kino. Nur etwas kleiner.
Diese Vorführmaschinen waren mechanisch recht anfällig und hatten die unangenehme Eigenschaft, den Film "fressen" zu wollen. Die Filmrollen rissen während der Vorführung sehr häufig. Das ganze wurde dann mit durchsichtigem Klebeband wieder sorgfältig geklebt. Die Kinobesucher mussten derweil ausharren und Ruhe bewahren, oft an den spannendsten Stellen. Das war die Erfindung der Cliffhänger... Zum Ende einer Reise war so ein Film um einige Minuten kürzer. Das nannte man dann nicht Director´s Cut, sondern Mixers Cut :-)
Barcelona! Die Stadt pulsierte. Die Farben, die Sonne, die Menschen und die Palmen hatten mich schwer beeindruckt und mir gefiel sehr, was ich dort sah. Fotos aus dieser Zeit sind wieder selten und inzwischen auch verblichen. Was man hier also sieht, sind "prähistorische Aufnahmen".
Plötzlich war einer unserer Maschinenassistenten (ich nenne ihn aus Datenschutzgründen nur K.) weg. Aber bald darauf sahen wir ihn schon, an der Seite einer spanischen Schönheit. Mit unseren rudimentären Spanischkenntnissen, Händen und Füßen sowie solidem Denglisch verständigten wir uns aber schon. Gemäß ihrer Erzählungen war sie eine eingewanderte Chilenin und studierte dort. Nachdem wir ihr erzählt hatten, dass wir Deutsche sind und in der Nähe von Hamburg wohnen (Rostock kannte sie nicht, Hamburg schon), hatten wir sie als Guide gewonnen. Sie zeigte uns die schönen Ecken Barcelonas. Unser K. schummelte ein wenig, indem er ihr erzählte, wir würden für eine Zeitung arbeiten. Zum Beweis malte er eine Rose in den Sand. Zeichnen konnte unser K. sehr gut. Sie glaubte dann auch, dass wir mit einer Jacht da wären. Ich muss gestehen, dass mir das schon ziemlich unangenehm war, so zu schummeln. Aber gelogen war es auch wieder nicht. Unsere "Jacht" war halt nur nicht so weiß. Eher grau. Dafür aber größer...
Die junge Frau begleitete uns dann auch noch zurück bis zum Hafengelände. Das Gelände betreten durfte sie aber nicht. Zum Glück, sonst wäre der Schwindel ja auch aufgeflogen.
Und dann kam es: Eindeutig und unmissverständlich fragte sie mich, ob ich sie heiraten möchte, sie mit nach Deutschland nehmen und sie mich am nächsten Tag wieder sieht. Diese Situation kam vollkommen überraschend und ich war sprachlos. Hinter mir hörte ich die Truppe schon lachen.
Nun, natürlich sahen wir uns am nächsten Tag nicht mehr. Sie wird es verkraftet haben. Und vielleicht hat sie ja noch den Richtigen mit Jacht gefunden oder ihr "Studium" beendet.
Reiseroute um Afrika: Thorsten
Wir nahmen Kurs auf den Suezkanal. Das Mittelmeer zeigte sich nicht unbedingt von seiner ruhigen Seite und etwas mulmiger als üblich wurde mir im Magen zeitweise schon. Abwechslung in den Bordalltag kam durch Feueralarm-Übungen oder Mann-über-Bord-Manöver. Bei Letzterem wurde ich als zusätzlicher Ausguck auf dem Peildeck mit Fernglas und Sprechfunkgerät eingeteilt. Unser Über-Bord-Gegangener war zum Glück nur ein Gummiball. Die Besatzung war schnell. Das Schiff hatte ohnehin schon gestoppt und die Aufgabe der Crew bestand darin, ein Rettungsboot zu Wasser zu lassen und den Ball wieder aufzufischen. Wir beobachteten derweil mit dem Fernglas, wohin der Ball schwamm und gaben die Position durch. Soweit, so einfach, oder?
Leider nein und das wurde für mich eine unvergessene Lektion. Durch die Dünung des Meeres - sie war noch nicht einmal stürmisch oder ähnliches - konnte man den Ball in den Wellentälern kaum sehen. Die Strömung und der Wind trieben ihn außerdem sehr schnell davon. Unsere Decks-Crew war schnell. Sehr schnell. Aber bei aller Professionalität haben wir es alle zusammen nicht geschafft, den Ball wiederzufinden! Wenn das ein Mensch gewesen wäre, hätte man sicherlich noch mehr Boote eingesetzt und noch andere Maßnahmen ergriffen... Trotzdem. Das Meer sollte man niemals unterschätzen.
Als Mixer gehörte es zu meinen Aufgaben, dass die Batterien an Bord und auch der Rettungsboote immer einsatzbereit waren. Das wusste ich natürlich auch vorher. Aber so bewusst, was das für den Notfall eigentlich bedeutet, wurde mir das erst nach dieser Übung.
Natürlich blieb während der Arbeit auch etwas Zeit, das Meer zu betrachten. Ich hatte wohl ein wenig zu lange die Delfine im Heckwasser beobachtet. Jedenfalls kam von einer Etage über mir der Spruch: "Na E-Mix, nichts zu tun?" Der Chief stand dort oben. Andere rauchten eine Zigarette nach der anderen und da wurde nichts gesagt. Das war die nächste Lektion. Nicht erwischen lassen.
Aber der Chief hatte ohnehin die Angewohnheit, in den "unpassendsten" Momenten aufzutauchen. So war ich mal wieder im Batterieraum und ich wusste sehr genau, dass ich:
a) nur mit Schutzbrille, b) nur mit Gummihandschuhe und c) nur mit Schutzkleidung die Säure zu prüfen und zu wechseln bzw. aufzufüllen hatte.
Ich war damals der Meinung, dass man sich mit dieser Verkleidung allerdings das Zeug nur "über den Latz" kippen konnte. Denn a) man sah so gut wie nichts durch die Brille, b) man fühlte nichts durch die Handschuhe und c) konnte man sich nicht in der Schutzkleidung bewegen. Nun, natürlich konnte ich mir eine Standpauke anhören. Und völlig zu Recht. Und so sah man mich dann an jedem Batterietag in diesem steifen Gummikostüm umherlaufen.
In der Zwischenzeit mussten unsere Maschinen-Assis den Maschinenraum von Öl und Fett säubern. Farbe waschen, nannte sich das. Und so ein Maschinenraum war groß. Da gab es viel zu säubern. Unser Zeichenkünstler K. machte sich daraus einen Spaß und bemalte die Umkleidespinte mit netten kleinen Zeichnungen. Diese stellten die Maschinen-Assis beim Farbe-Waschen dar. Er zeichnete kleine Comicfiguren. Der III. Ing. (also der dritte technische Offizier) sah das, lachte und ging weiter. Der II. Ing. sah das auch, lachte und ging seiner Wege. Dann kam der I. Ing. Der machte daraus ein Spektakel, rannte gleich zu seinem Chef, dem Chief und erstatte Meldung. Diesem blieb nun nichts anderes übrig, als dem Kapitän ebenfalls Bericht zu erstatten, obwohl ihm das sichtlich nicht genehm war. Unser Chief, Klaus-Peter Stielow, war nämlich doch schwer in Ordnung. Er nahm uns unsere kleinen "Unkorrektheiten" nicht übel und er erzählte mir zum Ende der Reise noch so manche andere Geschichte. Wen es interessiert: Er hat auch ein Buch geschrieben. Ich habe es verlinkt unter den zusätzlichen Informationen.
Der Kapitän machte aus der Sache mit den Schränken allerdings einen "Staatsakt", mit Beschädigung von Volkseigentum usw. Wirklich beschädigt wurde gar nichts, denn mit ein paar wenigen Pinselstrichen war das Thema eigentlich beendet. Auch waren die Zeichnungen sicherlich ironisch gemeint, aber niemals boshaft.
Nun, wie auch immer, wir erreichten Port Said am 12. Juni und die Durchfahrt durch den Suezkanal lag vor uns. Dafür lagen wir ein paar Tage, bis der Konvoi vollständig war. Die ägyptischen Händler kamen zu uns an Bord und boten uns ihre Waren an.
Wir montierten derweil den Suez-Scheinwerfer. Der gehört zur Pflichtausstattung und ist wichtig im Falle von plötzlich auftretenden Sandstürmen. Von der Kanaldurchfahrt hatte ich mir eigentlich wesentlich mehr versprochen. Außer Sand war da wenig zu sehen. Im großen Bittersee lagen wir dann auch noch eine Weile und warteten auf den Gegenkonvoi. Am 13. Juni war die Passage beendet und wir waren im Roten Meer. Kleiner Tipp: Es ist vermutlich wesentlich besser, sich den Suezkanal auf den bekannten Online-Kartendiensten anzuschauen. Man sieht etwas mehr von der Umgebung.
Der Temperaturumschwung im Roten Meer kam schnell. 47°C in der Sonne und kaum Wind. Zu meinem Arbeitsplan gehörte auch, dass die Bordkräne überprüft und gewartet werden. In den afrikanischen Häfen wurden die in aller Regel zwingend gebraucht. Bei den Temperaturen machte man natürlich viel häufiger eine Trinkpause und auch die Bewegungen wurden entsprechend deutlich langsamer. Nach Abschluss der Arbeiten waren die Kräne in gutem Zustand und ich rotbraun.
Auf der Höhe der Position Aden-Jemen bekamen wir dann richtig mieses Wetter. Die Brecher krachten über das Deck. Es ging einiges zu Bruch. Und auch mein Magen meldete sich. Nachdem wir am Horn von Afrika vorbei waren kam die See dann direkt von vorne und das mit Windstärke 9. Laut unseres Chiefs waren wir nur noch mit sechs Knoten unterwegs. Und mir ging es so richtig besch... Die Fleesensee stampfte in der wirbelnden See auf und ab. Die Tage kamen mir vor wie Wochen. Am Leben hielt ich mich mit Tee und Zwieback. Allein der Gedanke an Essen war das Grauen. Trotzdem musste ich für den seefesteren Teil der Besatzung noch Kino machen und das in diesem kleinen und stickigen Raum. Das gab mir dann endgültig den Rest. Wieder und wieder musste ich die Filmrollen entwirren und zwischendurch an die frische Luft, meistens zum Entleeren des Magens über die Reling. Da sollte man schon wissen, woher der Wind kommt...
Auch die nächsten Tage wurden nicht besser. Ich konnte "nicht leben und nicht sterben" wie man so schön sagt und schwor mir, nie wieder ein Schiff zu betreten, falls ich das überleben sollte. Mein Chef, der E-Ing., bemerkte das sehr wohl und gab mir Arbeit, die ich auch auf der Kammer im Liegen erledigen konnte. Ich sollte mich um die Unterlagen der Brandwarnzentrale kümmern. Die kannte ich aus meiner Lehre noch sehr gut. Sollte also irgendjemand dazu Fragen stellen, das konnte ich im Schlaf.
Das Meer beruhigte sich wieder und damit wich auch die Seekrankheit. Wir näherten uns dem Äquator. Und da sollte man dann schon auf der Hut sein. Als "Ungetaufter" musste man sich dem Taufritual unterziehen. Am 21. Juni gegen 14.15 Uhr wurden wir sieben Täuflinge an Deck gebracht. Die genaue Prozedur werde ich hier nicht beschreiben. Nur so viel: Die Kollegen waren da keinesfalls nicht zimperlich. Es floss viel Wasser, die Knie waren kaputt und die Frisuren, die man uns verpasste, sahen fürchterlich aus. Gestorben ist davon allerdings auch keiner.
Nach der Prozedur wanderte die alte Sporthose in den Müll. Der Gestank war bestialisch. Mein neuer Haarschnitt war ebenfalls grausam, halb und halb, also halb lang auf der einen und sehr kurz auf der anderen Seite. Den Schnitt musste man für 24 Stunden tragen.
Am nächsten Tag kam dann der Igelschnitt und ich war plötzlich, rein äußerlich, ein völlig neuer Mensch.
Am 23. Juni erreichten wir die Reede von Dar-es-Salam in Tansania. Dort lagen wir auch eine gefühlte Ewigkeit. Unvergesslich ist das Glitzern der Sonne in der ruhigen blauen See. Fischer- und Händlerboote brachten ihre Waren bis an das Schiff. Man tauschte so allerlei Krams ein. Das klingt doch schon wieder romantisch, oder?
Bei einer solchen Aktion sprang ein großer Manta-Rochen über eines der Fischerboote.
Mantas sind tatsächlich für ihre Sprungfreude bekannt, aber das war sensationell. Die beiden Fischer bekamen auch einen ordentlichen Schrecken und ich hatte gar nicht die Zeit, die Kamera zu zücken, selbst wenn ich sie dabei gehabt hätte.
Einige Tage später hatten wir einen Barrakuda direkt am Schiff. Der hatte ebenfalls eine beeindruckende Größe, wie ich fand. Der Barrakuda ist ein ziemlich aggressiver Raubfisch, wie man mir erzählte, dafür aber schmackhaft. Ein paar unserer Decksleute versuchten, ihn mit Delikatessen aus der Küche anzulocken und zu angeln. Darauf ist er aber nicht hereingefallen und so verschwand er in den Tiefen des Meeres.
Am 30. Juni war wieder Rettungsbootsmanöver angesagt. Das bedeutete für mich, die Schwimmweste und den Helm zu schnappen und ab ins Rettungsboot. Ich war der Funker des zweiten Bootes. Es klappte alles wie am Schnürchen. Wir drehten ein paar Runden ums Schiff, bei bestem Wetter. Und wieder bestaunte ich die Dünung. Im Wellental war unser Schiff vom Rettungsboot aus kaum zu sehen.
Erst am 1. Juli lagen wir dann fest vertäut an unserem Liegeplatz. Dort bekam ich dann auch die erste Post aus der Heimat. Zur Erinnerung: Es gab kein Mobilfunk und so kaum Kontakt zur Heimat. Es wurden Briefe und Postkarten geschrieben, die Wochen lang unterwegs waren. In Notfällen war es möglich, ein Telegramm zu schicken. Das erledigte dann der Funker. Und Funker wollte ich auch einmal werden.
Eigentlich hätten wir zu der Zeit schon längst wieder in Rostock sein sollen. Aber bis zum Studienbeginn war noch Zeit...
Ein weiteres Highlight war der Mikumi Nationalpark. Mein Chef, der E-Ing. übernahm meinen Dienst mit den Worten: "Mach nur, ich kenne das alles schon. Wer weiß, ob Du hier noch einmal herkommst."
Historische Fotos von der Reise um Afrika
Die Fotos sind natürlich reichlich verblichen. Ursprünglich waren das einmal Dias und sie wurden über die Jahre mehrfach in unterschiedliche Formate gesichert. Das macht sie nicht besser, aber trotzdem unvergessen.
Neben den Zebras gab es Elefanten und viele Giraffen zu sehen. Und Affen.
Weiter ging die Reise nach Mombasa. Die erfahrenen Afrikafahrer der DSR kennen mit Sicherheit den Sunshine-Club, den ich auch kennenlernen durfte und den Nachtclub Bora-Bora, wo ich meinen Geburtstag feierte.
Erst am 16. Juli liefen wir wieder aus. Das Schiff war nun fast leer und schaukelte schlimmer als zuvor. Der Chief pflegte zu diesem Schiff zu sagen: "10 Meter zu kurz, 5 Meter zu schmal - kein Schiff."
Drei Tage später erreichten wir die Sambesi-Mündung. Ein Wal mit Jungtier spielte an der Oberfläche. Unser Schiff fuhr einen großen Bogen. Für ein Foto hatte es wieder nicht gereicht.
Bald erreichten wir die Reede von Beira und hatten endlich wieder Radioempfang und damit Musik. Erst am nächsten Tag machten wir im Hafen fest. Von Bord durften wir nicht. Beira war eine ziemlich unsichere Gegend und schwer bewaffnete Wachtposten patrouillierten vor dem Schiff.
Die Rückreise führte dann um das berüchtigte Kap der Guten Hoffnung. Bald stellte sich wieder schlechtes Wetter ein. Die See kam erneut mit Krachern von vorne. Das Schiff krängte heftig von Backbord nach Steuerbord - das berühmt-berüchtigte Rollen. Einige der Besatzungsmitglieder hatten damit schwer zu kämpfen, aber mir ging es seltsamerweise ziemlich gut. Auf Höhe Kapstadt kam der Wind dann von hinten. Nun setzte Rollen und Stampfen gleichzeitig ein. Das machte müde. Trotzdem ging es mir immer noch relativ gut. Der Mageninhalt blieb dauerhaft dort, wo er hingehörte.
Als wir dann endlich wieder nach Norden drehten, beruhigte sich auch das Meer. Die Feierabende verbrachten wir mit geräuchertem Fisch, Kino und Geburtstagsfeiern.
Unser Kapitän hatte sich überlegt, Sprit zu sparen und ließ dann Segel setzen. Der Chief schüttelte nur den Kopf, musste sich aber fügen. Da wurde dann ein großes Tuch auf dem Achterschiff gespannt. Ich muss sagen, das sah schon sehr virtuos aus und selbst ich, als kompletter Segel-Laie, konnte sehen, dass das so nicht funktionieren würde. Die Decks-Crew mühte sich redlich. Aber das Tuch blähte sich immer in die falsche Richtung und bremste das Schiff zusätzlich. Sie probierten das eine ganze Weile, aber es war sinnlos. Dann verschwand das Tuch wieder...
In der Zwischenzeit gingen die Vorräte an Bord zu Ende. Es gab kein Gin mehr, kein Kaffee, keine Schokolade (auch das noch), keine (für mich nutzlosen) Zigaretten, kein Brot, keine Kartoffeln, kein Orangensaft... Das war frustrierend. So musste das früher mit den Meutereien auf den Segelschiffen angefangen haben ;-) Und es dauerte auch nicht lange, dann meuterte eine unserer Waschmaschinen. Ich war gefordert, sie wieder zur Arbeit zu überreden. Ich schraubte sie also auf, säuberte alles und war erstaunt, was da so alles hervorkam. Natürlich diverse Socken! Waschmaschinen sind ja dafür bekannt, dass sie einfach so Socken verschlingen, die nie wieder auftauchen.
Nachdem ich die gesamte Steuerelektronik getauscht hatte und es immer noch nicht funktionierte war klar, dass dann doch der Motor defekt war. Mein Chef hatte einen in Reserve! Unglaublich, was wir doch alles mit an Bord hatten. Mit vereinten Kräften montierten wir den neuen, aber gebrauchten Motor und die Maschine startete wieder.
Am 4. August, wir feierten gerade einen der Geburtstage, gab es Alarm. Blackout. Wir trieben manövrierunfähig in der Nähe der Kanarischen Inseln. Eine Treibstoffleitung war gerissen. Es kam jedoch zu keinem Brand. Die Maschinen-Crew hatte das bald wieder im Griff. Um 2.30 Uhr lief die Hauptmaschine wieder. Aber der Maschinenraum sah entsprechend schlimm aus... Da konnte man Wochen lang Farbe waschen. Die Maschinen-Crew war wieder schwer beschäftigt.
Wir mussten nun allerdings Treibstoff nachbunkern und liefen daher Las Palmas an. Dort konnte man seinerzeit gut Elektronik kaufen und so kam mein erster Sony-Walkman aus Las Palmas.
Die Biskaya beglückte uns auf der Rückfahrt mit ihren langen Wellen und so rollten wir wieder mit Schlagseiten von um die 15 Grad.
Am 11. August waren wir endlich in Liverpool. Es regnete. Was auch sonst. Ich besuchte die Beatles-Street. Ansonsten hatte mich Liverpool nicht wirklich beeindruckt.
"Klar vorn und achtern" hieß es dann 4 Tage später. Die Schlepper versuchten uns durch die enge Hafenausfahrt zu bugsieren. Dabei holten wir uns Backbord eine leichte Beule. Das Manöver hatte ich vom Peildeck aus mitbekommen. Da war unser Kapitän alles andere als gut gelaunt. Das bedeutete bestimmt jede Menge Papierkram.
Bald hatte uns die Irische See wieder und wir bekamen wieder etwas "auf die Mütze". Nur mit Ballastwasser beladen, wurden wir ordentlich durchgeschüttelt. Dazu kamen die herbstlichen Temperaturen.
Am Abend hieß es plötzlich; "Der E-Mix auf die Brücke." Was war los? Eine der Navigationslampen Steuerbord hatte ihren Dienst quittiert und die Nautiker bekamen eine entsprechende Störungsmeldung. Und ich wusste erst einmal nicht, wie ich an das Ding herankam. Irgendwann fand ich die Lösung. Mit Sicherheitsgurt bewaffnet und gesichert, machte ich mich an die Arbeit, trotz der Schaukelei. Als ich fertig war, sah ich in das strahlende Gesicht meines Chefs. Er freute sich, dass ich das ohne Hilfe hinbekommen hatte.
Am 19. August waren wir fest im Rostocker Hafen. Im September begann das Studium in Wustrow an der Seefahrtsschule. Trotzdem blieb es meine letzte Reise an Bord eines DSR-Schiffes. Neben der Wende gab es viele technische Veränderungen innerhalb kurzer Zeit. Funker waren bald nicht mehr im Einsatz und das Leben hatte andere spannende Dinge mit mir vor...